Gespräch:"Ehrlich, das hier in Geretsried ist deluxe"

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Der Malteser-Helfer Ernst Freier ist zusammen mit 249 anderen Freiwilligen in der "taktischen Reserve" für den G-7-Gipfel. Die Unterbringung in der Saatlichen Feuerwehrschule findet er komfortabel. Die größte Herausforderung werde das Wetter

interview Von Claudia Koestler, Geretsried

250 ehrenamtliche Rettungs- und Einsatzkräfte aus ganz Bayern bilden derzeit in der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried die "taktische Reserve" für den G-7-Gipfel in Elmau. Am Freitag reisten die Helfer der ersten Schicht an, unter ihnen Ernst Freier (59) aus Würzburg, Mitglied des Malteser Hilfsdiensts seit 1972. Auch wenn er bereits viel erlebt hat in seiner Laufbahn als Ehrenamtlicher, der G-7-Gipfel ist eine Herausforderung.

SZ: Haben Sie als ehrenamtlicher Helfer der Malteser schon mal einen ähnlich großen Aufwand erlebt?

Ernst Freier: Man macht zwar im Dienst schon einiges mit. Das hier zählt aber sicher mit zu den größten Bereitschaften, die ich gesehen habe, mit einer einzigen Ausnahme vielleicht: Der Papstbesuch in Köln vor einigen Jahren war ähnlich groß aufgezogen.

Wie unterscheidet sich für einen ehrenamtlichen Helfer die Vorbereitung auf einen Papstbesuch von dem Besuch der sieben Staats- und Regierungschefs der weltgrößten Industrienationen?

In der Feuerwehrschule Geretsried sind alle großen Rettungsverbände zusammen untergebracht und bilden gemeinsam die taktische Reserve. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nun, beim Papst ist es eine ganz andere Klientel, mit der man als Helfer umgehen muss. Gläubige wollen in der Regel keine Steine werfen. Wenn es beim Papstbesuch eine Gefahr gibt, dann geht die meistens von einem Einzelnen aus, während es hier eher Gruppen sein werden, von denen möglicherweise Gewalt ausgehen könnte. Auf der anderen Seite kommen die Leute näher an den Papst heran als an die Politiker. Für uns ist eigentlich nur eines wichtig, egal wie die Konstellation ist: Wir wollen nicht zwischen die Fronten geraten. Wir sind da, um zu helfen, und nicht, um irgendwelche Meinungen zu vertreten. Deswegen ist es so wichtig, dass alle Helfer geschult sind in der Deeskalation. Das sind alles Profis und hoch motiviert.

Keiner will, dass etwas passiert. Aber wenn die Kollegen so hoch motiviert sind und keinen Einsatz haben sollten, schürt das dann nicht auch Frust über so lange Tage?

Nein, hier weiß jeder, worauf er sich eingelassen hat, es ist ja freiwillig. Und wir sind das Abwarten gewohnt und glücklich, wenn wir nicht gebraucht werden.

Die Sicherheitsvorkehrungen für den Gipfel sind enorm. Wurden Sie und Ihre Kollegen vorab eigentlich einzeln kontrolliert, ob BND, NSA und Co. mit Ihnen als Helfer auch einverstanden sind?

Ernst Freier, 59, aus Würzburg ist Mitglied des Malteser Hilfsdiensts seit 1972. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit Sicherheit. Aber das merkt man nicht, ich bin jedenfalls nicht angerufen und befragt worden. Wenn irgendjemand mal politisch auffällig geworden wäre, dann wäre wohl ein Hinweis an die Einsatzleitung gegangen, dass derjenige nicht dabei sein kann. Ich weiß aber von keinem solchen Fall.

In der Feuerwehrschule Geretsried sind alle großen Rettungsverbände zusammen untergebracht und bilden gemeinsam die taktische Reserve. Gibt es Konkurrenz untereinander?

Früher gab es durchaus ein Konkurrenzdenken, aber das hat sich stark geändert. Wir alle müssen inzwischen mit den Ressourcen, also den Mitgliedern und Helfern, haushalten und deshalb zusammenhalten. Was wir auch tun. Schließlich haben wir alle das gleiche Ziel: den Menschen zu helfen.

Wie gehen Sie damit um, hier mit 249 anderen Kameraden das Quartier zu teilen, fast wie in einer Jugendherberge?

Ehrlich, das hier in Geretsried ist deluxe. Führungskräfte haben sogar Einzelzimmer, weil man gelegentlich ein ruhiges Plätzchen zum Arbeiten braucht. Alle anderen sind in Vierbettzimmern untergebracht. Es ist eben wie bei der Bundeswehr, man rückt zusammen und hält das aus. Dann schnarcht halt mal einer, so ist das eben. Wenn es ein Zeltlager wäre, das wäre durchaus Stress, aber solange es mindestens Feldbetten gibt, ist es für mich in Ordnung. Wenn man das nicht aushalten würde, dann wäre man fehl am Platze.

Was ist die größte Herausforderung ?

Das wird das Wetter. Wenn es sonnig und trocken ist, kann man draußen sitzen und abwarten. Aber wenn es regnet, sitzen alle auf engstem Raum beieinander, und das ist anstrengend. Aber wie gesagt, die Kollegen wissen alle, sie sind die Einsatzreserve, da muss man warten und sich beschäftigen können, genauso wie man auf den Punkt gerüstet sein muss für die Eventualitäten eines Einsatzes.

© SZ vom 02.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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