Integriertes Stadtentwicklungskonzept Bad Tölz:Gegen den Verfall im Badeteil

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Das Kurviertel wird immer mehr zu einer Wohnsiedlung für Betuchte, frühere Hotels verwahrlosen. Wie Bad Tölz versucht, den Strukturwandel nach dem Ende der Sozialkur in den Griff zu bekommen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

An den Balkonen des Jodquellenhofs blättert die Farbe ab, das Rot des Grundierung schimmert durch. Auf dem Parkplatz hinter der geschlossenen Wandelhalle sprießen Grasbüschel und Büsche zwischen den Betonplatten. Das Hotel am Bruckfeld steht seit Jahren schon mit vernagelten Fenstern da. Das sind einige der "städtebaulichen Missstände" im Kurviertel, die nach Ansicht der Stadt beseitigt werden müssen. Dazu soll es nun eine Satzung geben, die das Sanierungsgebiet in aller Form festlegt. Dem stimmten die Stadträte im Bauausschuss ohne Ausnahme zu.

Dabei geht es nicht bloß um Jodquellenhof, Alpamare und Wandelhalle, die allesamt der Jodquellen AG gehören. Wo auf diesen Arealen eine touristische Nutzung stattfinden solle, darüber befinde man sich ohnehin in Prozessen mit dem Grundeigentümer, sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger. Auch andere Immobilien sollen in den Fokus rücken. Zum Beispiel das große Haus am Amortplatz, in dem die 2017 gestorbene Rita Braun bis zuletzt ihren bekannten Trachtenladen führte. Das Anwesen brauche dringend "eine neue, eine verbesserte Nachnutzung", sagte Fürstberger.

Nach dem Ende der alten Sozialkur in den Neunzigerjahren verwandelte sich das Bäderviertel zunehmend in eine Wohnsiedlung für Betuchte. Vor allem vermögende Senioren aus ganz Deutschland quartierten sich ein. "Der touristische und gesellschaftliche Strukturwandel ist offensichtlich", sagte der designierte Stadtbaumeister Florian Ernst. In dem Stadtteil gebe es eine "starke Nachfrage nach mittel- bis hochpreisigem Wohnraum", außerdem seien dort "sichtbare Tendenzen zu einer Überalterung der Bevölkerung" festzustellen. All dies erfordere ein strukturiertes Handlungskonzept, das eine zukunftsorientierte und nachhaltige Entwicklung dieses Quartiers ermögliche.

Dieses Projekt ist einer der städteplanerischen Bausteine im Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK), das im Februar im Stadtrat präsentiert wird. Ehe die Sanierungsziele für das Kurviertel formuliert werden, soll es Ernst zufolge sogenannte "vorbereitende Untersuchungen" geben. Im Klartext heißt dies, dass zunächst Missstände benannt und Potenziale eruiert, also überhaupt die städtebaulichen Verhältnisse ermittelt werden. Die Untersuchungszone könne sich von ihrem Umfang her letztendlich von den ein, zwei oder drei Sanierungsgebieten unterscheiden, die förmlich festgelegt werden, betonte Bauamtschef Fürstberger. Am Schluss soll es ein Sanierungskonzept für den Stadtteil geben.

Michael Lindmair (FWG) bat darum, die Tölzer Bürger in diesem Prozess von Anfang mitzunehmen und alle Informationen an sie weiterzugeben. Die Planer würden mit allen großen Immobilienbesitzern Gespräche führen, versicherte Fürstberger. Insbesondere mit einem problematischen Eigentümer wie der Jod AG. Vielleicht gelinge es ja sogar, ihn damit zu motivieren, "wieder mit uns zusammenzuarbeiten". Camilla Plöckl (SPD) forderte die Stadt auf, einen Rundgang für Stadträte durchs Kurviertel zu veranstalten und Beispiele für Sanierungsziele zu zeigen. Das sei aber nur in kleinerem Kreis sinnvoll, erwiderte Bürgermeister Josef Janker (CSU).

Das Kurviertel als Sanierungsgebiet zu bezeichnen, stieß Jürgen Renner (SPD) sauer auf. "Das hört sich ziemlich schlimm an", monierte der Stadtrat, der dort selbst in einer Eigentumswohnung lebt. "Aber so krank, wie es sich anhört, ist es nicht." Die Stadträte könnten in dem Quartier zwar planerisch etwas festlegen, aber ihr Einfluss sei begrenzt, was die Privateigentümer anbelange. Fürstberger erwiderte, dass der Begriff "Sanierungsgebiet" nun einmal so im Baugesetzbuch stehe, "das ist eine städtebauliche Terminologie". Einen klaren Missstand sieht Lindmair bereits - abseits von Jodquellenhof, Alpamare, Wandelhalle oder Haus Bruckfeld. "Das ist der Name des Quartiers", sagte er. Das werde immer häufiger als Bäderviertel bezeichnet. "Aber es ist das Badeteil". Vielleicht sollte man das im Stadtrat mal abschließend definieren, regte Fürstberger an.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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