Integrationsforum:"Es soll miteinander gelebt werden"

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Seit sieben Jahren organisiert der Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit in Geretsried das Integrationsforum. Patrick Hingar erklärt, was die Ziele des Austauschs sind und welche Projekte schon daraus entstanden sind

Interview von Nadja Schäble, Geretsried

Bereits zum 13. Mal findet am Dienstagabend das Integrationsforum des Trägervereins Jugend- und Sozialarbeit Geretsried statt (um 18 Uhr in der Karl-Lederer-Schule). Zu Gast ist diesmal die Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung Gudrun Brendel-Fischer (CSU). Sie wird zum Thema "Integration und Bildung" sprechen. Die SZ sprach mit Patrick Hingar, der seit Februar für die Koordinationsstelle "Integration aktiv" im Trägerverein verantwortlich ist.

SZ: Das Integrationsforum findet seit sieben Jahren statt. Welche Ziele werden damit verfolgt?

Patrick Hingar: Es soll eine Plattform für unsere Netzwerkpartner in der sozialen Arbeit und in Bildungseinrichtungen sein, um zu einem aktiven Austausch zu kommen und neue Impulse zu geben. Im besten Fall wird dann auch etwas umgesetzt und angepackt. So stellt dieses Mal die Integrationsbeauftragte Gudrun Brendel-Fischer die Integrationsarbeit zwei Ebenen über unserer kommunalen Ebene vor. Es werden Mitarbeiter aus den Schulen, aus Vereinen und dem Rathaus erwartet. Aber auch der einzelne Bürger ist eingeladen. Wir werden eine Ideensammlung machen, um überhaupt wieder zu merken, was eigentlich in Geretsried dran ist. Es wäre schön, die Meinung von den Mitbürgern zu hören, die selbst verschiedene Probleme haben oder die sich für bestimmte Themen interessieren. Sie sollen ganz aktiv mitwirken können, ohne dass es aufgrund der Institution eine Grenze gibt. Das Integrationsforum soll für alle offen sein.

Ideen sammeln für ein besseres Zusammenleben: Beim Integrationsforum an der Karl-Lederer-Schule in Geretsried tauschen sich Bürger und Sozialarbeiter miteinander aus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Thema des Abends ist "Bildung und Integration". Was sind aktuelle Integrationsprojekte in den Schulen der Stadt Geretsried?

Die Investition in Bildung und Integration ist sehr wichtig, um für die Gesellschaft Ertrag zu bringen. Als Verein haben wir viele offene Ganztagsbetreuungsmöglichkeiten und eine Deutschklasse. Dort wird den Schülern persönlich geholfen, Anschluss zu bekommen und Fuß zu fassen. Außerdem gibt es an beiden Grundschulen Integrationsbeauftragte, die ebenfalls beim Integrationsforum dabei sind. Die letzen zwei Foren gingen bereits um die muttersprachliche Bildung. So haben wir es geschafft, dass eine unserer Mitarbeiterinnen nun bilinguale Nachhilfe auf Russisch und Deutsch anbieten kann. Der kommende Abend mit dem Schwerpunkt Bildung rundet das Jahr dann sozusagen thematisch ab.

Was bedeutet Integrationsarbeit ganz konkret für Sie und den TVJA?

Vor ein paar Jahren hat der TVJA mit der Stadt Geretsried ein Integrationskonzept aufgestellt. Es geht vor allem darum, Verständnis und Toleranz zu schaffen. Dadurch soll es für den Einzelnen einfacher werden, seinen Weg zu gehen und Hilfe zu bekommen. Es soll miteinander gelebt werden und nicht nebeneinander. Und jeder soll die Möglichkeit bekommen, sich einzubringen. Geretsried ist klassischerweise eine von Migration geprägte Stadt. Laut den Zahlen von Anfang 2019 haben wir 113 Nationalitäten bei 26 000 Einwohnern. Der TVJA hat eine gute Bandbreite an Projekten. Historisch ist der Verein aus der Jugendarbeit entstanden und besitzt somit zwei Jugendzentren, den Saftladen und das Ein-Stein. Außerdem haben wir eine mobile Jugendarbeit und bieten die Möglichkeit für ein freiwilliges soziales Jahr an.

Patrick Hingar ist beim Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit Geretsried seit Februar für die Koordinationsstelle "Integration aktiv" zuständig. Er hat die 13. Ausgabe des Geretsrieder Integrationsforums mit organisiert. (Foto: Privat/oh)

Was ist dabei Ihre Aufgabe in der Koordinationsstelle von Integration aktiv?

Es soll auf die verschiedenen Strömungen innerhalb der Stadt Rücksicht genommen werden. Integration aktiv versucht auf Veranstaltungsbasis Gemeinwesenarbeit in Geretsried zu betreiben und auf bestimmte Themen hinzuweisen und dafür zu sensibilisieren. Wir wollen uns für mehr Offenheit und Toleranz einsetzen und im ersten Schritt vor allem das Wissen über gewisse Thematiken schaffen. Vor drei Wochen haben wir zum Beispiel die Interkulturelle Filmwoche organisiert. Hier boten die Kinoatmosphäre und der Film als Medium eine Plattform für den Austausch über interkulturelle Begegnungen, Schwierigkeiten in der neuen Kultur anzukommen oder sich allgemein einmal mit anderen Kulturen auseinanderzusetzen. Wir waren damit acht Tage an verschiedenen Orten und haben jeden Tag einen anderen Film gezeigt. Parallel habe ich mit einer Grundschule gearbeitet und war einmal in der Oberstufe zu Gast. Als Einstieg in die Interkulturelle Filmwoche wurden drei Kurzfilme zu den verschiedenen Migrationswellen in Geretsried gezeigt und Zeitzeugen eingeladen. In meiner Aufgabe als Koordinator versuche ich außerdem, bei Projekten so lange Hilfestellung zu leisten, bis diese von selbst weiterlaufen. Es findet hier ein sogenanntes Empowerment statt, wenn beispielsweise aus dem Integrationsforum Ideen entstehen, ich dabei ermutigen und unterstützen darf und diese letztendlich selbsttragend sind. Ein schönes Beispiel ist hier der bereits erwähnte bilinguale Nachhilfeunterricht.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Nachdem ich beruflich aus einer anderen Richtung komme, studiere ich gerade nebenbei noch Soziale Arbeit. Somit ist das Integrationsforum in diesem Jahr mein letztes Projekt. Das nächstgrößere wird dann erst das Fest zum internationalen Frauentag am 8. März 2020 sein. Mein langfristiges Ziel ist es auf jeden Fall, die verschiedenen Gruppen zu vernetzen. Dabei versuche ich, meine Veranstaltungen so auszurichten, dass es eine möglichst hohe Fluktuation an Kooperierenden gibt und jeder mal gesehen wird und sich einbringen kann.

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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