Inklusion an der Grundschule:Erschöpfung auf dem Leuchtturm

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Die Inklusion an der Münsinger Grundschule gilt als Vorzeigeprojekt. Doch es fehlen Förderschullehrer und Zeit, um auf die Stärken und Schwächen der Kinder eingehen zu können. Thomas Gania vom Arbeitskreis Inklusion hält das Projekt für gefährdet.

Benjamin Engel

An der Grundschule Münsing, der einzigen Inklusionsschule im Landkreis, arbeiten die Lehrkräfte an der Grenze ihrer Belastbarkeit. Doch Aussicht auf Besserung besteht nicht. An sogenannten Inklusionsschulen lernen behinderte und nicht behinderte Kinder gemeinsam. Die Münsinger Grundschule bräuchte mehr Förderschullehrer zur Unterstützung. Und zusätzliche Lehrerstunden, um besser auf Stärken und Schwächen der Schüler eingehen zu können.

Zumindest Thomas Gania vom Arbeitskreis Inklusion in Münsing sieht das so. Sollte die Situation so bleiben, hält er das Thema Inklusion für ernsthaft gefährdet. Auf zusätzliche personelle und finanzielle Mittel darf die Münsinger Grundschule jedoch auch im nächsten Schuljahr nicht hoffen, sagt der Tölzer Schulamtsdirektor Norbert Weinhuber.

Im vergangenen Schuljahr gab es in Bayern 41 Inklusionsschulen. Am 1. August hatte die interfraktionelle Arbeitsgruppe Inklusion des Bildungsausschusses im Landtag zum Erfahrungsaustausch eingeladen. Rund zwei Drittel aller 41 Schulleiter waren gekommen, wie der Ausschussvorsitzende Martin Güll (SPD) sagt. Unter ihnen waren auch Münsings Schulleiterin Angelika Banner sowie Thomas Gania vom Münsinger Arbeitskreis für Inklusion.

Inklusion gibt es nicht zum Nulltarif", sagt Güll. Die Schulen brauchen aus seiner Sicht mehr Unterstützung, mehr Fortbildungen und auch Budgetfreiräume. Es könne nicht sein, dass Inklusion nur auf den Schultern der Engagierten stattfinde. Darin sieht sich Güll nach den Gesprächen am 1. August bestätigt. Allerdings, schränkt er ein, lasse sich ein derartiges Jahrhundertwerk nicht von heute von auf morgen umsetzen.

Bis zur Auswertung der Gespräche, voraussichtlich im Oktober, möchte er jedoch noch keine weiterführenden Aussagen machen. Wie er bestätigt, soll es zum kommenden Schuljahr etwa 35 weitere Inklusionsschulen in ganz Bayern geben.

Von den Gesprächen mit der interfraktionellen Arbeitsgruppe Inklusion ist Thomas Gania vom Arbeitskreis Inklusion in Münsing recht angetan. Er habe bei den Politikern ein ehrliches Interesse gespürt, sich mit den Schwierigkeiten bei der Inklusion auseinanderzusetzen und auf Verbesserungen hinzuwirken. "Wie schnell das geht, ist aber eine andere Sache. Da bin ich nicht so optimistisch", sagt Gania.

Aus seiner Sicht gibt es an allen 41 Inklusionsschulen in Bayern ähnliche Probleme. Diesen Eindruck haben die Gespräche im Landtag verstärkt. "Es klemmt überall", sagt er. Seitdem die Münsinger Grundschule Inklusionsschule ist, unterrichtet eine Förderschullehrerin 13 Stunden zusätzlich. Hinzu kommen zehn Stunden für weitere Lehrkräfte, wie Gania sagt.

Seiner Ansicht nach reicht das bei Weitem nicht. Eigentlich sollten zumindest zwei Lehrkräfte in den Hauptfächern sowie im Sportunterricht in einer Klasse unterrichten. Außerdem brauchen die Lehrer laut Gania mehr Stunden außerhalb des Unterrichts, um sich besser auf ihre Schüler einstellen und vorbereiten zu können. Zudem haben Schüler mit anerkannter geistiger Behinderung oder Verhaltensauffälligkeiten seinen Angaben nach Anspruch auf Schulbegleiter. Diese seien auch im Unterricht dabei. Einheitliche Standards über deren Qualifikation gebe es aber in Bayern nicht. Ein klarer Mangel, wie er sagt.

Die Grundschule Münsing ist eine "Leuchtturmschule" für das Modell Inklusion, wie der Tölzer Schulamtsdirektor Norbert Weinhuber sagt. Er wünsche sich zwar mehr Unterstützung für die Schule. Er sehe auch die großen Herausforderungen für die Münsinger Lehrkräfte, die an der Grenze ihrer Belastbarkeit arbeiteten. Doch momentan seien personelle und finanzielle Verbesserungen schwer durchzusetzen. Zusätzliche Mittel gebe es zum kommenden Schuljahr an der Münsinger Schule nicht. Lediglich zwei zusätzliche Fachkräfte für Fortbildungen im Inklusionsbereich wird es seinen Angaben nach von kommendem Schuljahr an für Schulen im Landkreis geben.

© SZ vom 14.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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