In Irschenhausen :Kultur mit Ausblick

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Beim Theatersommer der "Gesellschaft unterm Apfelbaum" haben Zuschauer stets ein doppeltes Vergnügen: Arkadien und Kunstgenuss

Von Felicitas Amler, Icking

Bei schönem Wetter kann's kaum was Schöneres geben: Entspannt im malerischen Garten von Barbara Reimold in Irschenhausen sitzen und Kultur genießen. Weitläufiges Grün, blühende Pracht, Schatten spendende Bäume und ein grandioser Alpenblick. Und dazu: ein bisschen Kabarett, etwas Musik, ein wenig Literatur. Kein Traum, sondern Realität. Von 25. Juli bis 4. August lädt die "Gesellschaft unterm Apfelbaum" wieder an die Pfaffenleite zu ihrem jährlichen kleinen Kulturfestival. Nach schönem Wetter sieht's ja im Moment aus. Aber selbst wenn es damit nichts werden sollte, fällt der Theatersommer, den Barbara Reimold ausrichtet, nichts ins Wasser, sondern weicht ins Zelt aus.

Den Auftakt machen drei gute Bekannte der hiesigen Kulturszene: Sängerin Julia von Miller, Gitarrist, Sänger und Autor Anatol Regnier und Pianist Frederic Hollay laden ein zum musikalischen Rückblick in die Nachkriegszeit: "Stell dir vor, wir hätten was zu rauchen" ist der Titel, der etwas von der Atmosphäre ahnen lässt, die im Programm so beschrieben wird: "Aus Mauerresten wuchsen Blumen, die Welt war wieder offen, man durfte wieder träumen." Aber auch die Vergangenheit ("Unsagbares Leid und unsagbare Verbrechen") wird nicht ausgeblendet. Das Trio verschweige die Brüche nicht, balanciere sie aber aus mit "tollen Liedern, geschliffenen Texten und schwungvollem Klavierspiel".

Peter Spielbauer tritt an zwei Abenden auf. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auch der zweite Gast ist eine bekannte Größe - Musikkabarettist Josef Brustmann. Und er ist thematisch ganz auf der Höhe der Zeit. "Dass sie mal wieder untergehen würde, die Erde, war allen klar", so spöttelt er, "warum auch nicht?" Nur er, der Dokumentarist, habe vorläufig überlebt. "Weil in Wolfratshausen immer alles erst zwanzig Jahre später passiert." Seitenblick zur Ehefrau: "Das Leben ist kurz - kauf die roten Schuh!" Und so heißt denn auch das Programm, das "lautes Singen, Instrumentalgetöse und Pfeifen im Wald" verspricht.

Die Bigband Dachau und Barbara Reimold haben etwas gemeinsam. Beide sind mit dem Tassilo, dem Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet. Da liegt es nah, dass die einen mal bei der anderen vorbeischauen. Über das junge Ensemble hieß es nach der Preisverleihung in der SZ: "Der britische Schlagzeuger Pete York hat die Bigband Dachau einmal mit einem herandonnernden Güterzug verglichen. Wer sie hört, weiß warum. Die Besetzung mit zwei Schlagzeugern, Synthesizern und Keyboards und dem Bläsersatz eines großen Jazzorchesters erzeugt eine ungeheure Wucht. Es fällt schwer, bei den treibenden Rhythmen und pulsierenden Bässen die Füße still zu halten." Das muss das Publikum im Reimoldschen Garten ja auch gar nicht, Tanzen unterm Apfelbaum ist gewiss erlaubt.

Kindertheater hat seinen festen Platz in Reimolds Programm. Diesmal spielt das Münchner Galerie-Theater eine Geschichte von Ellis Kaut: "Pumuckl und die Katze". Vor Meister Eders Werkstatt taucht eines Tages eine junge, Katze auf. Eder lässt das arme, ausgehungerte Tier herein, füttert es und kümmert sich. Das gefällt dem Pumuckl allerdings gar nicht und er wird sofort sehr eifersüchtig und wütend ...

Peter Spielbauer ist bei der Gesellschaft unterm Apfelbaum in jeder Hinsicht zu Hause - kulturell als schräger Kabarettist oder, wie er sich nennt, "Philosokomiker", und im Übrigen als Nachbar unterm selben Dach. Er hat gleich zwei Auftritte zu bieten, "Best of 40 Jahre" Teil I und II, an zwei verschiedenen Abenden und jeweils mit Überraschungsgästen. Recht viel mehr wird nicht verraten, wenn es im Untertitel heißt: "Spielbauers spezieller Spezial-Abend mit spezifischen Gästen".

"Der Junge mit dem Koffer" ist ein Theaterstück des englischen Schriftstellers Mike Kenny. Es beschreibt eine typische Flüchtlingsgeschichte, die Suche eines Jungen nach einem Zuhause an einem fremden Ort. Die SZ schrieb darüber in einer Kritik: "Die Erinnerung an Sindbad, den Seefahrer, muntert Naz bei seinen 'sieben Reisen' immer wieder auf. Er sieht die zurückbleibende Mutter als 'Statue, die sich in Salztränen auflöst', trifft Ausbeuter, das Mädchen Krysia, hungrige Wölfe - und lernt am Ende, das von der vorangegangenen Schwester beschriebene 'Paradies' in realistischen Farben zu sehen." Unterm Apfelbaum wird das Stück vom Theater Münchner Freiheit in Wort und Musik in Szene gesetzt.

Josef Brustmann spielt zu eigenen kabarettistischenTexten auf. (Foto: Hartmut Pöstges)

Musik und Literatur stehen bei einer "Französischen Nacht" auf dem Programm: Bettina Ullrich, Susanne Schneider und Claudia Hrbatsch fordern die Besucherinnen auf: "Lassen Sie die Stöckelschuh zu Hause und treten Sie gemeinsam mit uns eine Reise durch Chansons, Songs, Klassik und Tangos an."

Das Citizen Kane Kollektiv aus Stuttgart bringt in einer multimedialen Performance "Die Intervention" auf die Bühne an der Pfaffenleite. Man nenne sie auch "die Apokalyptischen Reiter des modernen Zerfalls", so die Ankündigung, sie seien die Zeichen des Untergangs der Gesellschaft, wie wir sie kennen. Begleitet von elektrischen Fanfaren tauchten sie aus dunklen Rauchschaden auf. "Texte, Musik, Video und Bewegung sind die Werkzeuge, die sie zum Einsatz bringen."

Den Abschlussabend gestalten die Shtetlmusikanten", ein Klezmer-Duo mit Andreas Arnold, Klarinette, und Ecco Meineke, Gitarre. Zwischen den Stücken, die sie darbieten, erzählt Meineke von der Geschichte des Klezmer, "dem osteuropäischen 'Soul' der aschkenasischen Juden".

Gesellschaft unterm Apfelbaum: Theatersommmer 2019, Donnerstag, 25. Juli, bis Sonntag, 4. August, Beginn jeweils 20.30 Uhr/Kindertheater 11 Uhr; Gastronomie 18.30 Uhr; Pfaffenleite 16, Icking-Irschenhausen. Eintrittspreise: 20/12 Euro, Info/Reservierung: Telefon 08178/4783, Programm unter www.theatersommer-isartal.org

© SZ vom 02.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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