In der Franzmühle :Sehnsuchtvolles Hauskonzert

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Pianist Valerij Petasch ist auch Komponist. (Foto: Manfred Neubauer)

Pianist Valerij Petasch spielt vor kleinem Publikum

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

"Dann wird es halt ein Hauskonzert", sagte Valerij Petasch und nahm es mit Humor. Allzu klein war die Zahl der Interessierten, die zum Konzert des Musikers in der Tölzer Franzmühle erschienen waren. Müßig, über die Gründe zu spekulieren, denn die Abwesenden kann man nicht fragen, warum sie nicht gekommen sind.

Das Hauskonzert entfaltete sogleich eine familiäre, fast heimelige Atmosphäre. Keine Pause würde es geben, kündigte Petasch an. Der Musiker ist ein Pianist des virtuosen Repertoires, und so begann er das Konzert mit drei Stücken von Frédéric Chopin: einer Nocturne und zwei Impromptus. Petasch wartete mit sensibler Tempodisposition und geschickter Spannungsführung auf. Irritierend allerdings sein allzu reichlicher Pedalgebrauch, wodurch die Klaviergirlanden Chopins, die doch glitzern und funkeln sollen, im Pedalnebel verschwammen. Besonders ärgerlich war diese Angewohnheit beim letzten der drei Werke, dem Impromptu - eigentlich Fantaisie-Impromptu - in cis-Moll, das zu den berühmtesten Chopin-Werken überhaupt gehört.

Doch Valerij Petasch, Sohn eines deutschen Musikwissenschaftlers und einer russischen Lehrerin, ist nicht nur Pianist, sondern in erster Linie Komponist. Drei Eigenkompositionen standen als nächstes auf dem Programm. Zum ersten Stück "Hollywood" gab es eine kurze Erläuterung. Nicht das Hollywood von heute habe ihm vorgeschwebt, so Petasch, sondern die Zeit von Greta Garbo. Und in der Tat konnte man sich beim Hören in diese Ära versetzt fühlen. Petasch pflegt als Komponist einen eigenwilligen Stil, durchwegs tonal, mit eingängigen, aber niemals platten Themen, und er weiß seine Einfälle meisterlich zu verarbeiten. Natürlich gibt es immer wieder virtuose Einsprengsel, und wieso auch nicht? Wenn Petasch hier reichlich Pedal nahm, so hatte das seinen Sinn, denn der Komponist saß ja selbst am Klavier. Die Werke Petaschs kreisen um die Sehnsucht nach etwas Fernem oder Vergangenem. Die "Träumerei", die keinerlei Anklänge an das bekannte Schumann-Klavierstück aufwies, beschreibt ein solches Sehnen, und die "Promenade in Paris" findet während der Belle Époque statt.

Im zweiten Konzertteil, der ja nahtlos an den ersten anschloss, standen zunächst ebenfalls drei Eigenkompositionen von Petasch auf dem Programm, doch der Künstler entschied sich, den nachfolgenden Liszt-Block aufzubrechen und zunächst zwei Werke von Liszt zu spielen: die dritte Consolation und das Petrarca-Sonett 104. Hier zeigte sich der Pianist als überaus sensibler, feinnerviger Liszt-Spieler, der auch und gerade die leisen Töne zum Klingen brachte. Der starke Pedaleinsatz störte hier nicht, denn bei Liszt haben die Klaviergirlanden eine andere Funktion, einen anderen Sinn als bei Chopin.

Und dann gab es wieder drei eigene Werke des Künstlers zu hören. "Ewige Bewegung" ist nicht, wie die Überschrift vermuten ließe, ein virtuoses Perpetuum mobile, sondern wieder ein Sehnsuchtsstück der beschriebenen Art. Und bei "Far away" und "Etüde im Retrostil" spricht der Titel schon für sich.

"Noch zwei Stücke - aber die sind kurz!" rief Petasch dem Publikum zu, und man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, er wollte es selbst rasch hinter sich bringen. So gab es noch die beiden Liszt-Etüden "Waldesrauschen" und "Gnomenreigen" zu hören, beide mit unaufdringlicher Virtuosität ansprechend gestaltet, dann war es vorbei. Die wenigen Besucher klatschten artig, der Künstler verbeugte sich, und dass er vor einem so kleinen Publikum keine Zugabe geben wollte, kann man verstehen.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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