Improtheater:Stripper, du, alle, nackt!

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Mit grotesken Einfällen und überzeichneten Charakteren ließen die Schüler den Abend zur Tour de Force werden - von Seifenoper bis Heimatfilm. (Foto: H. Pöstges)

Die Schüler des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums in Icking begeistern mit aberwitzigen Szenen

Von Claudia Koestler, Icking

Alles, aber auch wirklich alles war möglich: Ein paar Klapse mit den Skateboard auf den Allerwertesten, oder doch der Mord mit einer Banane im Friseursalon? Improvisationstheater ist eine Theaterform, bei der die Schauspieler spontan zu den vom Publikum vorgegebenen Themen, Orten oder sonstigen Begriffen Szenen entwickeln, von der keiner vorher weiß, wie sie ausgehen, oder ob sie traurig, lustig oder dramatisch werden. Jede Szene ist neu und einzigartig. Das bewies am Freitagabend die Aufführung des "Impro-Teams" vom Rainer-Maria-Rilke-Gymnasium in Icking.

"Theater ohne Regie, Maske, Drehbuch und feste Rollen, jede Szene eine Premiere für sich", so hatte Karl Haider am Freitagabend eingangs die Show angekündigt. Er sollte Recht behalten. Dafür oblag es den Zuschauern, immer wieder die Fäden in die Hand zu nehmen im Pädagogischen Zentrum, und gemeinsam schufen das Impro-Team unter der Leitung von Haider und das Publikum mit seinen spontanen Vorgaben und Zurufen von Emotionen oder Wendungen einen lebhaften, energiegeladenen, spritzigen und höchst unterhaltsamen Theaterabend der anderen Art.

Vor rund sechs Jahren hatte sich das Ickinger Team gegründet. "In enger Zusammenarbeit mit dem Profi Andreas Wolf vom Fastfood Theater München haben wir uns zu einer inzwischen auch außerschulisch spielenden Impro-Gruppe entwickelt", erklärte Haider. Pro Jahr spielt die Gruppe inzwischen zwei bis drei Shows vor jeweils ausverkauftem Haus am Gymnasium Icking, und auch der Freitag war da keine Ausnahme: Über 220 Interessierte waren gekommen. Die Darsteller Emmanuel Fischer, Lucas Haraped, Max Lukacin, Jule Filler, Mona Klett, Alissa Schwarz, Lara Bielmeier, Susanna Schmid, Marie Hell, Katja Wietschorke, Margaretha Hamam, Johanna Wex und Matej Kelava griffen dabei ein gerufenes Wort, eine Metapher oder eine Alltagsszene auf und sponnen daraus ihren dramaturgischen Faden. Mit verblüffenden Wendungen, grotesken Einfällen und überzeichneten Charakteren ließen sie den Abend zu einer Tour de Force werden, querbeet durch die verschiedensten Genres der Unterhaltungskultur, von der Soap-Opera über die Werbung bis hin zum Heimatfilm. Unterstützt wurden sie dabei nicht nur vom Publikum, sondern auch von Philipp von Unold am Klavier.

Fünf Sekunden Gnadenfrist gab es stets, die das Publikum herunter zählte, und in denen die Darsteller in die Vorgaben eintauchen konnten. Etwa bei dem Spiel "Freeze", bei dem immer einer von zwei Darstellern abgeklatscht wurde und eine neue Szene eröffnete. Diese entwickelte sich von der Eingangsszene im Kindergarten hin zu einer Szene auf einer Geburtsstation, wurde zum Schauplatz einer Bombenentschärfung, zeigte verirrte Wanderer, den ersten Besuch im Pornokino und eine Generalprobe zur Hochzeit. Beim "Mörderspiel" bestimmte das Publikum vorab, dass der Mord beim Friseur mit einer Banane geschehen solle. Den Jugendlichen oblag es, die Szene aufzubauen.

Hochleistung auch beim "Emotionen-Freeze": Das Setting war der Besuch in einem Atomkraftwerk, im Minutentakt wechselten Gefühle wie Freude, Zorn, Neid, Ungeduld, Liebe und Hysterie. In "Dreimal geschrumpft" spielten drei Darstellerinnen eine Szene jeweils um die Hälfte verkürzt. In fünf Sekunden war zuletzt gerade noch genug Zeit, "Stripper, du, alle, nackt" zu sagen - mehr brauchte es tatsächlich nicht. Scheinbar banale Voraussetzungen wie ein Junge, ein Mädchen, ein Skateboard wurden unter verschiedensten Vorgaben gespielt, mal als Sandalenfilm, mal als Szene eines Horrorfilms, als Heimatfilm oder mit erotischen Anklängen.

So schnell, wie sich hier die Darsteller abwechselten, so schnell nahmen die Geschichten ihre absurden, lustvollen Wendungen. Je skurriler die Vorgabe, je höher das Tempo, desto kreativer und unvorhersehbarer die Szenen. Kein Wunder also, dass die Stimmung im Publikum famos war und der Applaus und Jubel keine Grenzen kannte. All das übrigens für den guten Zweck: Die Einnahmen des Auftrittes spendet die Gruppe dem Kinderheim "Villa Südwind" in Reichersbeuern. Camilla von Berg stelle das Projekt eingangs vor: "Villa Südwind" ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die durch Tagessätze des Jugendamts und durch Spenden finanziert wird und in der derzeit acht Kinder ein neues Zuhause gefunden haben.

© SZ vom 02.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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