Im Tölzer Kurhaus:Arterhaltung

Lesezeit: 1 min

"Wir kommen - die Rache der Chromosomen" heißt das neue Programm der "Couplet AG". (Foto: Harry Wolfsbauer)

Derbe Satire mit der "Couplet AG"

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Das elegante Tölzer Kurhaus mit dem schweren Kristalllüster ist nun einmal kein Wirtshaus. Und so fremdelt das Ambiente ein wenig mit dem, was am Donnerstag auf der Bühne gegeben wird: Die Couplet-AG marschiert mit Bäng-bäng und Geschepper ein, spielt und singt Deftiges, Derbes und Boshaftes; manchmal unappetitlich, beizeiten albern, aber immer gekonnt. Vor 25 Jahren wurde die Formation von Jürgen Kirner und Bernhard Gruber gegründet, die Besetzung wechselte, der Auftrag ist geblieben: Eine Couplet-Arterhaltungsgesellschaft wolle man sein, und die traditionelle Liedform der Volkssänger, die auf den Brettlbühnen um die Wende des vorigen Jahrhunderts ihre Blütezeit hatte, in ein zeitgemäßes Gwand kleiden. Und so kommt in den satirischen Liedern mit den eingängigen Refrains Böses über Söder und Trump, über Dr. Google oder das "RTL Diktator-Camp". Manche Themen ändern sich freilich nie: Der Kampf der Geschlechter zum Beispiel, gewürzt mit der genretypischen, derben Erotik. Bestens gelungen ist das etwa beim Wiener Gspusi Muzzi und Butzi oder dem gummigestiefelten Landwirtsehepaar: "I putz ma ned die Zähn, wenn i mit dir schmusen muass." Zeitloser Dauerbrenner ist auch die liebe Verwandtschaft oder neudeutsch "Die Rache der Chromosomen". So auch der Titel des aktuellen Programms der Couplet-AG, die mit vielen Preisen, zuletzt mit dem "Dialektpreis Bayern" ausgezeichnet wurde.

Bairisch können die Vier freilich, und noch viel mehr: Da wird gesächselt, gefränkelt, gepreißelt und mit Wiener Schmäh gesungen und parodiert, dass es eine Freude ist. Allen voran der kraftvolle Frontmann Kirner, der in Bianca Bachmann eine kongeniale Partnerin hat: Sie kann die gscherte Bäuerin genauso wie die verführerische Chansonniere im Abendkleid oder die "Songer Singwriterin" mit der großer Schlagerpose. Für die Musik ist Bernhard Gruber (Diatonische Harmonika) zuständig, der 2016 "Ungehörte Couplets und Lieder" aus dem Nachlass von Karl Valentin vertont hat. Im neuen Programm gibt es einige musikalische Perlen, etwa den schwerblütigen Abgesang auf den "Allerletzten Sozialdemokraten". Begleitet wird Gruber vom ebenso einfühlsamen wie temperamentvollen Gitarristen Bernhard Filser alias Gustl, der sich lispelnd durch den Abend kalauert. Fast ein bisschen zu routiniert wirkt das Programm - gelungen ist der Abend aber allemal. Nicht nur, weil es am Ende "Söder rektal" für alle gibt. Kirner wirft die Zapferl von der Bühne und verspricht: "Das macht Sie hemmungslos, gnadenlos, skrupellos."

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: