Ickinger Politik:Kinderbücherei muss weichen

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Der Raum der Ickinger Einrichtung, die Ehrenamtliche seit Jahrzehnten tragen, wird für die Offene Ganztagsschule gebraucht. Trotz Kritik räumt die Mehrheit im Gemeinderat der Aufenthaltsqualität der Schüler mehr Stellenwert ein.

Von Susanne Hauck, Icking

Die Ickinger Kinder- und Jugendbücherei muss der Offenen Ganztagsschule (OGTS) weichen. Das stand nach einer lange und emotional geführten Debatte am Montag im Gemeinderat fest. Ein mickriger Gruppenraum im Schulhaus wird nun die neue Bleibe der langjährigen Einrichtung, die im Lauf ihrer Geschichte immer wieder umziehen musste, wenn es in der Schule zu eng wurde.

Bei der Eröffnung des Hauses des Kindes (HdK) im Jahr 2014 bezog die Bücherei schöne neue Räume im Untergeschoß. Lange Zeit war auch alles gut. Doch dann wurde die OGTS einführt. Sie ist ein Erfolgsmodell. Dazu drängt nächstes Schuljahr noch ein besonders starker Jahrgang in die erste Klasse. Um alle Schüler unterzubringen, braucht es neue Gruppenräume. Zunächst sah es so aus, als wäre im Untergeschoß mit einer Aufteilung noch alles unter einen Hut zu bringen. Doch dann erhoben Schule und Kooperationspartner Anspruch auf die gesamte Fläche. Bürgermeisterin Verena Reithmann (UBI) tat sich mit dem Rausschmiss der Bücherei deutlich schwer. "Es ist ein großer Sprung, sie vollständig aufzugeben." Sie habe noch im Ohr, wie es im vergangenen Jahr wörtlich geheißen habe, dass die Raumsituation in Icking ein Traum sei. Nach vielen kontroversen Gesprächen sehe sie aber letztlich keine andere Alternative für die Gemeinde, als sich den pädagogischen Prioritäten der Schulleitung und des Trägers zu beugen. Trotzdem: "Ich bin wirklich nicht glücklich damit." Zusammen mit Büchereileiterin Doris Bohn habe sie nach Möglichkeiten gesucht. Sie stießen auf einen kleinen Gruppenraum im ersten Stock des Schulhauses, das die Musikschule bislang als Büro nutzte. "Hut ab vor Frau Bohn, die den Umzug mittragen würde, weil ihr der Erhalt wichtig ist."

Zwar könnte die Bücherei dort eigenständig agieren. Aber der Umzug ist mit einschneidenden Kürzungen verbunden: So können aus Platzmangel nicht nur die gewohnten Klassenbesuche zur Leseförderung und Veranstaltungen nicht mehr stattfinden, auch der gesamte Medienbestand muss deutlich abspecken. Aus den Worten der Bürgermeisterin ließ sich herauslesen, dass dies noch nicht mal ihre schlimmste Sorge ist. Letztlich steht der Fortbestand der seit 1987 rein ehrenamtlich geführten Einrichtung auf dem Spiel, wenn die Freiwilligen, die viel Herzblut in den Aufbau der Einrichtung gesteckt haben, aus Frust über die stiefmütterliche Behandlung hinschmeißen. Es geht halt um die Wertschätzung. "Die Mitarbeiter sind frustriert, und man kann es ihnen nicht verdenken", sagte Reithmann. "Immer, wenn es raummäßig klemmt, ist die Bücherei dran."

Nicht alle sahen den Hinauswurf so tragisch wie Otto Güllich, der die Bücherei zur reinen Abholstation verkommen sah und Vigdis Nipperdey (beide Ickinger Initiative), die das neue Quartier als Rumpelkammer mit Notbetrieb beschimpfte. Andere räumten den Bedürfnissen der Kinder einen höheren Stellenwert ein, schon weil die Bücherei nur selten geöffnet habe. "Die Familien möchten ihre Kinder gut aufgehoben wissen, und dazu braucht es aus pädagogischen Gründen Platz", erklärte Sabrina Stör (Grüne). Online zugeschaltet waren Schulleiter Peter Lang und Fritz Meixner vom Träger der OGTS, dem Kinder- und Jugendförderverein Wolfratshausen. Beide traten den indirekten Vorwürfen von überzogenen Raumforderungen entgegen. "Das Wort vom Zusammenquetschen, das hier immer wieder im Zusammenhang mit der Bücherei fällt, trifft doch auch auf die Aufenthaltsqualität der Kinder zu", wandte Meixner ein. Niemand könne etwas für die Situation. "Das Ganze ist den geburtenstarken Jahrgängen geschuldet."

Verzweifelt wurde nach Lösungen gesucht, doch letztlich alles verworfen und für ungeeignet befunden, von externen Containern bis zu Tiny Houses und dem Umzug in einen bislang von der Blaskapelle genutzten Übungsraum im Keller der Schule. "Es ist eine wahnsinnig bittere Pille und kann nur eine Übergangslösung sein", sagte eine sichtlich enttäuschte Claudia Roederstein (UBI). Sie forderte, bei einem etwaigen Neubau der Turnhalle einen adäquaten Raum für die Bücherei zu berücksichtigen.

Die Bürgermeisterin will sich nun für ein "intelligentes Nutzungskonzept" einsetzen, damit die geschrumpfte Bibliothek wenigstens gut in den Schulalltag integriert wird. Auch soll die Öffentlichkeit weiter vormittags Zugang erhalten. Als es zur Abstimmung ging, setzte sich eine Mehrheit für den Umzug durch.

© SZ vom 19.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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