Icking:Blüten der Tropen

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Das Amaryllis Quartett musiziert hinreißend

Von Uta Schmidtsdorff, Icking

"Ich bin verliebt in die Tropen. Ich kann nicht begreifen, dass man irgendwo anders leben kann... Die Luft ist immer reich an geheimnisvollen Geräuschen, Farben und Düften." So schrieb der niederländische Komponist ungarischer Abstammung Géza Frid über seine Konzertreisen nach Indonesien, die er als weltberühmter Pianist und Dirigent in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg unternahm. Mit seinem dritten Streichquartett "Fantasia tropica", das am Samstagabend durch das Amaryllis Quartett im Rilke-Konzertsaal in Icking hinreißend musiziert zur Aufführung kam, schenkte Frid den Zuhörern eine Frucht aus seinem Paradies.

Fremdartig und wie improvisierend verbinden sich in diesem fantasievollen Werk raffinierte Pizzicato- und Glissando-Kombinationen mit Anklängen aus der indonesischen Gamelan-Musik und ungarischen Rhythmen zu verblüffenden Klangeffekten. "Die Witze von Géza sind ihm ernst - und umgekehrt", beschrieb seine Frau einen tragenden Charakterzug Frids: Der Humor habe sich wie ein lichtgebender Faden durch das Leben des jüdischen Künstlers gezogen und sich selbst in den schweren Kriegsjahren nicht verflüchtigt. Diesen Faden aufgreifend, ließen die vier Kölner Ausnahme-Musiker Frids sinnliches Zauberreich einer Tropennacht mit sprühendem Esprit lebendig werden.

Bereits zum fünften Mal trat das international aufsehenerregende Amaryllis Quartett im Rahmen der Reihe "Meistersolisten aus dem Isartal" auf. Die vier Musiker sind Preisträger der berühmten Wettbewerbe in Reggio Emilia und Melbourne und mittlerweile zu Hause in den großen Konzertsälen der Welt. Auch in Icking haben sie sich eine große Fan-Gemeinde herangezogen. Kein Platz blieb frei an diesem Abend im Saal des Gymnasiums Icking, der neben der Wiederentdeckung Frid zwei Höhepunkten der Kammermusik-Literatur, Mozarts Streichquintett KV 515 und Brahms Streichquintett op.111, gewidmet war.

Gemeinsam mit der Bratschistin Barbara Buntrock, Preisträgerin zahlreicher internationaler Wettbewerbe und seit diesem Herbst Professorin für Viola an der Musikhochschule in Düsseldorf, formierte sich ein Kammermusikensemble von erlesener Kostbarkeit: Aufregend frisch im musikalischen Ausdruck, dabei beeindruckend transparent und homogen in Artikulation und Klangvorstellung. Technische Meisterschaft diente hier lediglich als Grundlage, auf der in übersprudelnder Spielfreude und mit großem künstlerischem Ernst musikalische Welten lebendig werden durften. Und wer auch dieses Mal nicht satt geworden ist an diesem berückend farbigen Streichquartettklang, der lasse sich beruhigen: Sie kommen wieder. Genau in einem Jahr, zum Ickinger Herbst 2016, wird sich erneut eine Amaryllis-Blüte öffnet.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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