"Hoaratduljö" und "Hotten dotten do":Jodel-Spaß ohne Diplom

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Etwa 130 Teilnehmer üben beim Festival in Lenggries das Lautsilbensingen in Workshops, Spielen oder auch in einem Seminar-Karussell. Die Gäste stammen aus ganz Deutschland, Österreich und Italien

Von Petra Schneider, Lenggries

Wie im Musikantenstadel klingt es am Freitag im katholischen Pfarrheim in Lenggries. Leute stehen in Gruppen zusammen und jodeln, am Kuchenbuffet entwickeln sich Dialoge, die aus Lauten wie "Hoaritduljo" und "Hoaratduljö" bestehen. Es ist Jodelfest in Lenggries - das dritte dieser Art nach den Treffen in der Steiermark und im Vinschgau. Und es ist mit 130 Teilnehmern das bisher größte.

Zum Warmwerden geht es am Nachmittag mit einem "Jodelkarussell": Die Teilnehmer sind in Gruppen eingeteilt und durchlaufen im 40-Minuten-Takt fünf Seminare zu unterschiedlichen Themen. Mit 100 Teilnehmerinnen sind Frauen deutlich in der Überzahl, altersmäßig ist von 30 bis 70 alles vertreten. Monika Baumgartner, hauptberufliche Geigen- und Jodellehrerin aus Niederbayern, übt mit einer Gruppe die niederbairische Art. Das geht so: "Gemma übern Lorenzenberg, kemman scheene Deandla daher, jahorutlio dulio", singt sie vor. Die Teilnehmer stehen im Kreis, manche schreiben die Jodelsilben mit. Dann stimmen alle kräftig ein, von Scheu keine Spur. Schon nach zehn Minuten erfüllt ein mehrstimmiger Jodler den Saal: man mag kaum glauben, dass hier Leute stehen, die das Jodeln meist nicht professionell betreiben und noch nie zusammen gesungen haben. Auch der BR-Redakteur ist begeistert, der mit einem Kamerateam einen Beitrag über das Lenggrieser Jodelfest für die Reihe "Wir in Bayern" dreht. "Wie lange macht ihr das denn schon?", fragt er. "Das ist ja der Wahnsinn."

Die niederbayerische Art der Jodelns übte Lehrerin Monika Baumgartner mit Teilnehmern des Jodelfestes. (Foto: Manfred Neubauer)

Ehe die Gruppe zum nächsten Workshop wechselt, hat Uli Schaub kurz Zeit. Er ist eigens aus Berlin angereist, hat dort das Jodeln gelernt. Seit er den Film "Heimatklänge" gesehen habe, der vor zehn Jahren auf der Berlinale gelaufen ist, sei er vom Jodeln begeistert, erzählt Schaub. Also hat er sich in Berlin auf die Suche nach einer Jodelgelegenheit gemacht und ist beim Chor von Ingrid Hammer gelandet, die auch in Lenggries einen Workshop leitet. Er freut sich, "neue Leute kennenzulernen und Inspirationen zu bekommen." Neben ihm jodelt Hartwig Hermann aus Wien. Er ist angehender Kulturmanager und Gründer eines Trios namens "Oanano". Ein Name, der den Reiz des Jodelns umschreibe: "Wenn man einmal damit anfängt, kann man nimmer aufhören", sagt der gebürtige Steirer. Die einfachen Silben, die sich fast meditativ wiederholten, die Verbindung von Kraft und Gefühl - Hermann hat dafür eine Formel gefunden: Jodeln sei "berührend, verbindend, befreiend". Sigrid Schwarzer aus Südtirol möchte in Lenggries ein paar neue Jodler lernen und ansonsten ein Wochenende "Sing-Wellness" genießen.

Sogar eigene T-Shirts hingen beim Fest in Lenggries aus. Organisator Norbert Zandt registrierte eine "super Stimmung" bei Gästen und Einheimischen. (Foto: Manfred Neubauer)

Schnell verschwindet sie in den Kursraum von Herbert Krienzer. "Hot dot do, hotten dotten do, hotten die dotten di di" gibt der Referent vor - und da kommt einem doch der Loriot-Sketch "Jodeldiplom" in den Sinn. Bierernst ist auch das Jodelfest nicht, das unter dem Motto "Herz Luft Freude" steht. Die Stimmung ist locker, die Teilnehmer sind hoch motiviert. Spaß haben sie auch bei den "Jodelspielen" von Markus Prieth: Gefühle werden jodelnd improvisiert, clowneske Elemente eingefügt oder mit geschlossenen Augen durcheinander gesungen. Jeder ist ganz bei sich, die warmen Töne schwingen tief im Bauch, ein dichter Wohlklang erfüllt den Raum.

Organisator Norbert Zandt ist vom ersten Festivaltag begeistert: super Stimmung, entspannte Atmosphäre, positive Resonanz der Einheimischen. Das Konzept der Öffnung hin zum Ort gehe voll auf, sagt er. Teilnehmer, die bereits am Donnerstag angekommen seien, hätten sich in den Lenggrieser Cafés und Wirtshäusern getroffen, gesungen und gejodelt. "Und die anderen Gäste waren begeistert." Johanna Bolten, mit 36 eine der jüngeren Teilnehmerinnen, hat das Jodeln auch nicht in Bayern, sondern in Berlin gelernt. Inzwischen ist sie ins Rheinland umgezogen. Das Fest in Lenggries hat sie in ihrem Vorhaben bestärkt: Sie will im Rheinland eine Jodel-Community aufbauen.

© SZ vom 09.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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