Hilfsbereit:Gelebte Nächstenliebe

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Nach 20 Jahren verabschiedet sich Brigitte Sokoll von der Ickinger Nachbarschaftshilfe

Von Susanne Hauck, Icking

Brigitte Sokoll zieht sich von der Leitung der Ickinger Nachbarschaftshilfe zurück. 20 Jahre hat sie kranken oder älteren Mitbürgern dabei geholfen, ihren Alltag zu bewältigen: sie zum Arzt, aufs Amt oder zum Einkaufen gefahren, ihnen Gesellschaft geleistet und beim Spazieren gehen begleitet, ihnen vorgelesen oder beim Ausfüllen von Anträgen geholfen. Vor zwölf Jahren kam die Aufgabe als Leiterin mit einem Haufen Organisation hinzu - all die Gespräche mit Anfragenden, um herauszufinden, welche Unterstützung überhaupt benötigt wird, die Beschaffung der geeigneten Hilfen, die Einsatzplanung der Ehrenamtlichen, das Kümmern um das gute Miteinander im Team.

"Ich wollte damals unbedingt noch etwas Sinnvolles machen, als ich in Rente ging", sagt Sokoll, als sie in einer kleinen Feierstunde im Rathaus Icking verabschiedet wurde. 1998 entschied sie sich deshalb, bei der Nachbarschaftshilfe mitzumachen. Das Angebot, das es seit 1990 in Icking gibt, will Menschen unterstützen, die nicht mehr allein aus dem Haus kommen oder ohne Familie sind.

Das Gros ihrer Klientel ist weiblich und um die 80 Jahre. Wie viele Stunden sie in der Woche unterwegs war, kann Sokoll gar nicht genau zählen. "Da ist schon einiges zusammengekommen, ich habe gar nicht alles aufgeschrieben." Der Lohn ihrer Arbeit sind ganz sicher nicht die vier Euro, die die Ehrenamtlichen pro Stunde als Aufwandsentschädigung bekommen.

Anderen zu helfen, ist für sie etwas ganz Selbstverständliches. Ihr geht es darum, dass Ältere weiter in den gewohnten vier Wänden wohnen können, anstatt den Weg ins Heim antreten zu müssen. Große Dankbarkeit empfindet sie darüber, dass in der Zeit so viele echte Freundschaften entstanden sind. "Wir sind zusammen ins Theater gegangen oder haben sogar einen Malkurs besucht", erzählt sie sichtlich gerührt. Um zwei Damen will sie sich deshalb auch nach ihrer "Pensionierung" kümmern. Bürgermeisterin Margit Menrad lobte die Selbstlosigkeit Sokolls, ihr Organisationstalent und ihr unbürokratisches Mitanpacken. Nicht zuletzt deshalb habe sie zu den Ersten gehört, die von der Gemeinde Icking mit der Ehrenamtsnadel ausgezeichnet wurden.

Einspringen, wenn Hilfe gebraucht wird, will Sokoll weiterhin. Trotzdem sei jetzt die Zeit für den offiziellen Abschied gekommen. Das Autofahren ist ihr zu viel geworden, verrät die 76-Jährige, der man ihr Alter nicht ansieht. Der Verkehr habe so zugenommen, längere Fahrten mit den ihr Anvertrauten nach Starnberg oder nach München empfindet sie als mehr und mehr belastend: "Man darf nicht vergessen, dass man sehr viel Verantwortung hat." Und in Wolfratshausen seien die Parkplatzsuche mittlerweile "eine Katastrophe". Viele von ihren Klienten seien schlecht zu Fuß, so dass die Wege zur Praxis immer beschwerlicher würden. "Einmal musste sogar die Praxishelferin zum Auto kommen, um Blut abzunehmen", erinnert sie sich an eine besonders glücklose Anfahrt.

Viele gute Worte findet Sokoll für "ihre Damen", wie sie die ehrenamtlichen Helferinnen nennt, auch wenn sie bedauert, dass ihre Zahl von anfangs 13 auf nur noch fünf geschrumpft ist. Die meisten haben aus Altersgründen aufgehört, auch diejenigen, die noch verbleiben, sind um die 70 Jahre alt. Nachwuchs für die Nachbarschaftshilfe wäre sehr erfreulich, pflichtet ihr Bürgermeisterin Menrad bei. Die Leitung wird aber nicht verwaisen: Ingrid Vogel und Brigitte Weber übernehmen das Amt im Zweierteam.

© SZ vom 19.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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