Großwildjagd der anderen Art:Wildes Königsdorf

Lesezeit: 2 min

Die Fotografin Christiane Rauert hat Spielzeugtiere rund um den Boschhof täuschend echt in Szene gesetzt. Der humorvolle Bildband soll auch eine Einladung sein, sich seine nähere Umgebung genauer anzusehen

Von Claudia Koestler, Königsdorf

Kleine Gummitiere ganz groß: Nur auf den zweiten Blick erkennt man, dass Eisbär, Känguru, Elefanten und Elche auf Rauerts Bildern nicht echt sind. Die Fotografin hat in Königsdorf fremde Welten im Kleinen entdeckt. (Foto: Christiane Rauert/oh)

Der Eisbär strahlt eine majestätische Ruhe aus, mitten im Schnee, mitten auf einem Autodach. Richtig gelesen, denn dieser Eisbär wurde mitten in Königsdorf entdeckt. Dort tummeln sich noch andere Spezies: ein schwarzer Panther, der einen Bach im Mooseuracher Wald überquert. Elefanten auf trockener Erde, ein Tukan im Lavendelbusch, Elche zwischen den Bäumen im Moos und sogar ein T-Rex im Moorwald. Christiane Rauert hat all dies und mehr mit der Kamera festgehalten. Die Bilder präsentiert sie nun in einem Buch. In "Kleine wilde Tiere" nutzt Rauert Tierfiguren zum Spielen als Hauptdarsteller und setzt sie rund um ihr Zuhause am Königsdorfer Boschhof in Szene. Die Idee hat sie vor allem während der Lockdowns 2020 umgesetzt - und damit "eine fotografische Reise an fantastische Orte" gemacht, die sie nun mit anderen teilt.

Für Rauert ist der Boschhof und seine Umgebung schon lange ein Ort spannender Entdeckungen. Seit 1992 lebt und arbeitet die gebürtige Dortmunderin, die seit 1992 in München ansässig ist, als Fotografin, Grafikdesignerin und Artdirektorin für Buchverlage und Magazine. Obendrein entwirft und vertreibt sie eine eigene Schmuckkollektion, die auch schon an Prinzessin Victoria von Schweden gesehen wurde. Doch die internationale Jetset-Welt von Glitzer und Glamour, sie weckte Begehrlichkeiten ganz anderer Natur: "Es ist kolossal erholsam, zwischen Gucci, Prada und all dem Hochglanz auch mal geerdet zu werden", sagt Rauert. Deswegen hat sie sich ein "ländliches Domizil" gesucht, um sich vom schönen Schein zu erholen. Seit September 2008 wohnt Rauert zumindest zeitweise im Boschhof.

"Kolossal erholsam": Christiane Rauert wohnt seit 2008 zumindest teilweise auf dem Boschhof. (Foto: Hartmut Pöstges)

Von hier aus macht sie sich immer wieder auf den Weg zu Entdeckungen: Sie streift zu Fuß durch die Wälder und Moore oder erkundet mit dem Fahrrad die Natur. "Man muss hier einfach genau hinschauen, das Besondere muss man finden", sagt Rauert. Auch, weil das Hochmoor ein Nebelgebiet ist. Alles strahle "eine gewisse Verwunschenheit, Einsamkeit und Zurückgezogenheit aus", sagt sie. "Hier sind die Schönheiten versteckt. Man muss sich zu Unzeiten auf den Weg machen, um sie zu finden." Dabei hat Rauert immer ihre Kamera dabei.

Die Idee, kleine Spielzeugtiere in Szene zu setzen, hatte Rauert bereits längere Zeit vor dem pandemiebedingten ersten Lockdown. "Auf einem Spaziergang waren mir am Wegesrand urtümlich aussehende Pflanzen aufgefallen, die im feuchten Waldboden wuchsen." Diese Schachtelhalme existieren ihr zufolge schon vor Millionen Jahren und waren vermutlich einmal bis zu dreißig Meter hoch. "Die Exemplare zu meinen Füßen waren auf dreißig Zentimeter geschrumpft und sahen für mich wie ein prähistorischer Mini-Urwald aus." Darin würden kleine Dinosaurier-Spielfiguren bestimmt echt wirken, dachte sie sich. Die ersten Fotos machte sie mit einem Smartphone und einigen schon etwas abgenutzten Dino-Figuren vom Flohmarkt im Frühling und Sommer 2019. Daraufhin schaffte sie sich extra eine neue Kamera für die richtige Optik an. Um eine gute Perspektive für die Figuren zu finden, lag sie teilweise bäuchlings auf der staubigen Straße herum, erzählt Rauert. "Spaziergänger oder Radler, die vorbeikamen, boten mir häufig Hilfe an, weil sie dachten, ich hätte ein Problem - bis sie selbst die winzigen Figuren entdeckten, die ich gerade fotografierte, und lachen mussten."

Einen Schub erhielt das Projekt dann zusätzlich mit dem Lockdown im März dieses Jahres. Rauert hatte mehr als ausreichend Zeit, sich den Fotoinszenierungen ganz zu widmen. Das nun vorliegende Buch sei mehr als ein humorvoller Bildband, sagt sie. "Es ist eine Einladung an Kinder und Erwachsene, sich in ihrer näheren Umgebung einmal genauer umzusehen."

Kleine wilde Tiere - eine fotografische Reise an fantastische Orte. Limitierte Auflage, 78 Seiten, 20,20 Euro. ISBN 978-3-9822702-0-3. Mehr unter www.christiane-rauert.de

© SZ vom 21.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: