Gewerbesteuer:Wenige Firmen zahlen mehr als 10 000 Euro

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Bürgermeister Michael Müller empfiehlt dem Stadtrat, sich von den Drohungen der Industriegemeinschaft nicht beeindrucken zu lassen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bürgermeister Michael Müller (CSU) verteidigt die geplante Erhöhung - die Industrie "polemisiert".

Von Felicitas Amler, Geretsried

Bürgermeister Michael Müller (CSU) will sich von den Drohungen der Industriegemeinschaft Geretsried (IGG) nicht unter Druck setzen lassen. Wie IGG-Sprecher Jochen Pelz am CSU-Stammtisch gegen die geplante Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes von 320 auf 380 Prozent "polemisiert" habe, nennt Müller "hochgradig unglücklich". Pelz hatte prophezeit, der Stadt würden womöglich 1000 Arbeitsplätze verloren gehen, weil Betriebe abwandern könnten. Fast die Hälfte der Geschäftsführer von 36 Unternehmen, darunter die größten Arbeitgeber der Stadt, hätten dies angekündigt.

Dazu sagt der Bürgermeister: "Hier wird eine Drohkulisse aufgebaut, das ist kein Umgang miteinander." Es gehe nicht, dass Einzelne versuchten, ihre Interessen "durchzupressen". Vielmehr sei es im Gesamtinteresse der Stadt, die finanzielle Grundlage für die Zukunftsplanung zu schaffen - nicht zuletzt im Hinblick auf die S-Bahn für Geretsried.

Die Stadt will den Gewerbesteuer-Hebesatz nach 23 Jahren auf dasselbe Niveau anheben, das die anderen beiden Städte im Landkreis, Bad Tölz und Wolfratshausen, bereits haben. Die jährlichen Einnahmen im Geretsrieder Haushalt würden damit von 12,1 auf 14,4 Millionen Euro steigen. Müller nennt dies besser als die Einnahmen der Stadt durch Grundstücksverkäufe zu vermehren, wie es zuletzt geschehen ist.

Die Unternehmen würden insgesamt mit mehr als zwei Millionen Euro pro Jahr zusätzlich belastet. Dazu hat die Kämmerei eine differenzierte Betrachtung ausgearbeitet. In drei Grafiken stellt sie dar, dass 90 Prozent der veranlagten Betriebe im vergangenen Jahr weniger als 11 441 Euro Gewerbesteuer bezahlt haben. Für diese 90 Prozent der Unternehmen würde eine Erhöhung des Hebesatzes um 60 Punkte eine Mehrzahlung von maximal 2148 Euro im Jahr bedeuten, erklärt Kämmerer Helge Balbiani.

Weitere Daten aus der Statistik der Kämmerei: 883 Betriebe zahlten im vergangenen Jahr weniger als 10 000 Euro Gewerbesteuer; 99 Betriebe zwischen 10 000 und 100 000 Euro; 15 Unternehmen mehr als 100 000 Euro, darunter sind zwei mit mehr als 700 000 und einer mit knapp über 900 000 Euro. Die Übersicht der Finanzverwaltung im Rathaus weist als Median - das ist der statistische Mittelwert - 620 Euro Gewerbesteuer aus: Maximal so viel zahlten demnach die Hälfte aller veranlagten Geretsrieder Betriebe.

Der Bürgermeister betont, die Stadtpolitik habe sich in den vergangenen Jahrzehnten immer für die Wirtschaft stark gemacht. IGG-Sprecher Pelz versuche nun, "eine Kampagne loszutreten". Natürlich, so Müller, könne man über die Steuererhöhung diskutieren, er rufe aber zu einer Versachlichung auf. Die Gewerbesteuer sei einer, aber nicht der entscheidende Faktor für Unternehmen in der Frage, wo sie sich ansiedeln, das wisse man auch aus Erfahrung mit dem neuen Geltinger Gewerbegebiet. 380 sei der optimale Hebesatz, den ja auch Bad Tölz und Wolfratshausen hätten: "Und über die ist auch nicht die Apokalypse hereingebrochen."

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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