Geschichte erlebbar machen:Das Stadtarchiv öffnet sich

Lesezeit: 2 min

Alles muss raus: Kulturamtsleiterin Nadine Wickert zieht mit dem Stadtarchiv um. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Geretsried zieht mit Schriftgut und 95.000 Fotos an die Elbestraße

Von Felicitas Amler, Geretsried

Ordnung ist ja angeblich das halbe Leben - aber sicher das ganze Archiv. Jenes der Stadt Geretsried wird sich bald bestens sortiert und neu gegliedert der Öffentlichkeit präsentieren. Die umfangreichen Bestände schlummern bisher unterm Dach des Rathauses und in zwei Räumen des dortigen Kellers. Am 12./13. Juni werden sie an einen neuen Standort gebracht: Im Erdgeschoss an der Elbestraße 25 hat Kulturamtsleiterin Nadine Wickert endlich genug Raum, um die 95 000 Fotos und 150 laufenden Regalmeter Schriftgut für jedermann zugänglich - und klimatisch geschützt - unterzubringen. Die Stadt hat hier eigens 130 Quadratmeter angemietet. Die Historikerin, die seit vergangenen Dezember bei der Stadt angestellt ist, hat aus früheren Tätigkeiten reichlich Erfahrung im Archivaufbau, nun baut sie eben eines um.

Für recherchierende Schüler, Studenten und nicht zuletzt den Arbeitskreis Historisches Geretsried (AHG) bringt der neue Standort enorme Erleichterung. Umso mehr, als Wickert sich nicht nur vorgenommen hat, die Bestände zu sichern und zu pflegen, sondern das Archiv auch "nach Themen aufzuarbeiten". Hierbei hat sie das zentrale Geretsrieder Zeitgeschichtsthema im Blick: die NS-Rüstungsbetriebe. Immer wieder fragten etwa Studenten an, die sich näher mit der Zwangsarbeit beschäftigen wollen, berichtet sie. Die Erforschung der Nazi-Zeit war bisher weitgehend den Ehrenamtlichen des AHG vorbehalten, der dazu eine eigene Schriftenreihe herausgibt: die "Geretsrieder Hefte". Nun hat sich die Kulturamtsleiterin das Ziel gesetzt, mit dem Archiv "Geschichte ansprechend und einfach zu vermitteln". Die zuständige Archiv-Mitarbeiterin ist Steffi Weigel.

Im Eingangsbereich der neuen Adresse, die sich in einen großen Raum mit zwei Nebengelassen gliedert, wird ein Benutzer-Arbeitsplatz eingerichtet. In dem Hauptraum sollen sich die Regale mit schriftlichen Archivalien befinden: Verwaltungsschriftgut, Dokumente der Rüstungswerke, das Zeitungsarchiv seit Mitte der Vierzigerjahre und die große Sammlung an Plänen und Karten. Dem "Herzstück", wie Wickert es nennt, ist ein eigener Raum vorbehalten: Die 95 000 Fotos seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind nach Ansicht der Historikerin ein Zugang zur Stadtgeschichte. "Geretsried kennenzulernen, funktioniert gut über Bilder", hat sie selbst festgestellt. Sie finde die Geschichte spannend: "Geretsried hat eine unglaublich Entwicklung genommen, von den Munitionsfabriken bis heute. Wir können selbstbewusst auftreten."

Der neue Standort soll eine Anlaufstelle für Publikum werden, wünscht sie sich. Und setzt dabei auch auf ihr Kulturamt, das ebenfalls umziehen soll - in die Nähe des Archivs. Dies wiederum befindet sich nicht weit von jenem Grundstück, auf dem bald ein neuer Stadtteil mit 800 Wohnungen entstehen soll.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: