Geretsried:Wohnzimmerkonzert

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Nicht weniger als 32 Songs spielte die Band "Max" im My Way: Dario Suppan (v. li.), Maximilian Wagner, Fabian Wolf und Lukas Wolf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Band "Max" spielt vor 14 Zuschauern ein musikalisch solides Konzert. Doch den vier Jungs aus dem Landkreis fehlt es noch an Lockerheit und einer gewissen Ironie

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Das müssen wohl alle Musiker mal erleben: Der Moment des Auftritts rückt näher, doch der Saal will sich nicht so recht füllen. Stark ist, wer trotzdem spielt - selbst wenn nur der Barkeeper zuhört. So hart trifft es die Band Max dann aber doch nicht. 14 Zuhörer kommen am Samstagabend in den Keller des Geretsrieder Gasthauses Isarwinkel, um die Newcomer zu hören. Dennoch sieht der Partykeller, der unter dem Namen "My Way" bekannt ist, ein wenig leer aus, als Maximilian Wagner, Dario Suppan, Lukas und Fabian Wolf auf die Bühne treten. Frontmann Wagner nimmt es mit Humor und heißt seine Gäste "im Wohnzimmer" willkommen. Mit dem ersten Song namens "Geradeaus" platziert die Band das Motto des Abends: "Ich gebe niemals auf."

Zwei Jahre sind vergangen, seit die junge Band in der knallvollen Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt" in einem energiegeladenen Konzert ihr Debütalbum vorgestellt hat. Energetisch ist das Quartett zwar immer noch, doch man merkt ihm an, dass Zeit vergangen ist. "Max" hat sich weiterentwickelt. Die Präsentation des Portfolios wirkt professionell - die Jungs lassen ihr Publikum spüren, dass sie schon häufiger auf der Bühne gestanden und sich dabei eine gute Portion Selbstvertrauen erworben haben. Ihr größter Erfolg bislang: Beim Troubadour Chanson Contest hat "Max" 2015 in Stuttgart als beste Newcomerband abgeschnitten. Außerdem durfte sie den Kabarettisten Christian Springer musikalisch unterstützen und ihr Akustikprogramm vor einem Auftritt von Konstantin Wecker, Chris Böttcher und Werner Schneyder präsentieren. All diese Erlebnisse sind Meilenstein genug, um in der Bandvita auf der Internetseite aufgeführt zu werden, ergänzt um ein Zitat des Kabarettisten Schneyder, der dem Leadsänger und Songschreiber Wagner "ein ausgesprochen gutes Gefühl für die deutsche Sprache" attestiert haben soll.

Dass Wagner seine Songs mit einem gewissen Ernst textet, merkt man zwar an Strophen wie "Lauter Hassgesang zieht dich in das Loch / das Netz zieht sich zu und das Opfer bist du / Du wünschst dir, du wärst nie geboren / Shitstorm, Shitstorm". Aber noch immer fehlt den Songs eine zweite Dimension, eine augenzwinkernde oder ironische Ebene, die dem Zuhörer ab und zu vermittelt, dass sich die Band selbst nicht zu ernst nimmt. Das würde ihr gut tun und das eine oder andere Cover überflüssig machen. Denn die vor allem in der zweiten Hälfte dominanten Interpretationen von "Summer of 69", "Sweet Home Alabama" und "Rocking all over the World" dienen vor allem dem Zweck, das Konzert aufzulockern. Ohne sie ginge es zwischen Titeln wie "Stop watching us", "Gleis 11", "1000 Kilometer" und "In meinem Kopf" ausschließlich nachdenklich zu, worüber auch der energiegeladene Punkrocksound nicht hinwegtäuschen kann.

Das macht das Portfolio ein bisschen eintönig - zu eintönig angesichts der Tatsache, dass "Max" weiterhin die großen Bühnen der Welt erobern will. Da wird bei Auslandsaufenthalten sogar über Skype komponiert und stundenlang der Bandprobenraum nicht verlassen. Wagner beabsichtigt seinen Job aufzugeben, um sich ganz der musikalischen Karriere zu widmen. Ständig seien die Jungs auf Achse, heißt es.

Gut so, denn wer etwas werden will, muss hart an sich arbeiten. Das Zusammenspiel in der Band funktioniert sehr gut, man ist sich einig und harmoniert. Wenn es sein muss, auch mal 32 Songs lang. Nachdem "Max" zuletzt im Januar auf der Bühne gestanden hat, spielen sie nun gleich das längste Konzert ihrer Laufbahn. Das Publikum bleibt ihm auch nach der Pause zwischen den beiden Sets erhalten; manche wippen mit, getanzt wird aber nicht.

Am Ende des gemütlichen Konzertabends ist jedoch immer noch nicht ganz klar, wer "Max" eigentlich sind. Was sie zeigen, sind vier Jungs in weißen T-Shirts, deren Songs offensiv die Zeit kritisieren und manchmal schwer zu unterscheiden sind. Die wenig erzählen und ein bisschen zu ehrgeizig wirken - als befänden sie sich in einem harten Kampf um einen Platz am Sternenhimmel. Und das erklärt eben auch Sätze wie "Ich gebe niemals auf".

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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