Geretsried:Wo die Münchner für den Kuchen halten

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Das Geretsrieder Café Waldmann wurde nach Jahrzehnten komplett erneuert. Der alte Teppich ist rausgeflogen - jetzt dominieren die Farben Violett, Schokobraun und Weiß

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Hell und freundlich umfängt der Raum seine Besucher: Von der Decke fällt Licht durch Milchglasrechtecke, Chillout-Musik fließt aus Lautsprechern und ein stilvolles Arrangement aus Kugeldisteln schmückt eine Sitznische. In den Menükarten - handlichen Büchern mit laminierten Seiten - gibt es neben Latte Macchiato, einem italienischen Frühstück und Kuchen auch Brote aus Chia-Samen. Modern bis ins letzte Detail: So hat man das Café Waldmann an der Sudetenstraße in Geretsried noch nicht gesehen.

Bis vor wenigen Wochen - etwas mehr als einen Monat hat der Umbau gedauert - sah das Café noch anders aus, "irgendwie einfach verstaubt", sagt Fred Waldmann. Sein Vater Karl hatte es 1965 eröffnet und 1982 das erste und letzte Mal renoviert; damals sei der Umbau hervorragend angekommen, selbst die Fachpresse habe positiv darüber geschrieben. Doch das war nun einmal Anfang der Achtzigerjahre und heute längst überholt. Teppichboden zum Beispiel, sagt Waldmann junior, gebe es inzwischen nirgends mehr - und deshalb gehen seine Besucher von nun an über einen weichen PVC, der durch seine Musterung den Eindruck erweckt, ein Holzboden zu sein, und auf dem klappernde Absätze leise dahinhuschen können. Violett, schokoladenbraun und weiß ist das Farbschema, am Werk war der Wolfratshauser Innenarchitekt Tom Glatte in enger Abstimmung mit der Chefin des Hauses, der 49-jährigen Modedesignerin Jutta Waldmann.

Baustaub hängt an den Händen des 51-jährigen Konditormeisters Fred Waldmann: Hie und da gibt es immer noch etwas zu tun, im für Besucher eher unsichtbaren Bereich fehlen noch Türklinken oder andere Kleinigkeiten. Trotzdem ging jetzt doch alles recht schnell - angesichts der Tatsache, dass das Café mindestens acht Jahre auf seinen großen Auftritt warten musste.

Damals wurde die Waldmann Lounge am Karl-Lederer-Platz eröffnet - da sei das alte Café wohl ein wenig in Vergessenheit geraten, sagt Waldmann. Auch fehlten die finanziellen Mittel. Wie viel ihn der Umbau nun gekostet hat ("Einiges!"), will Waldmann lieber für sich behalten.

Doch seinem Eindruck nach hat sich die Investition gelohnt. Am vergangenen Wochenende sei schon deutlich mehr losgewesen als sonst, sagt Waldmann. Neue Gäste seien ebenso gekommen wie bekannte Gesichter aus dem Café am Karl-Lederer-Platz - und so manche ältere Dame, von der er gedacht hätte, sie könne sich mit dem neuen modernen Gewand nicht anfreunden. Und gerade die hätte dann gesagt: "Oh, das ist aber ein tolles Café!" Neu ist auch der Kaffee, der künftig aus einer Siebträgermaschine kommt - es sei denn, es ist so viel los, dass der Automat mit einspringen muss.

Dass Waldmann überhaupt in das Café investiert hat, liegt an einer geklärten Eigentümerfrage. Bis vor wenigen Wochen sei er noch Pächter gewesen, jetzt gehörten ihm die Geschäftsräume ganz. Zwar hatte er das Café bereits 1994 von seinem Vater übernommen - der Hauseigentümer und Café-Gründer Karl Waldmann war damals in den Ruhestand gegangen -, ganz gehört hatten ihm die Räumlichkeiten jedoch nie. Mit der neuen Sicherheit war es ihm leichter gefallen, sich für die Renovierung zu entscheiden. 100 Quadratmeter ist das Café groß, hinzu kommen 80 Quadratmeter Küche und Verkaufsbereich. Durch den Umbau ist das Café leicht geschrumpft: Statt knapp 100 gibt es im Innenbereich nur noch 85 Plätze, auf der mit anthrazitfarbenen Steinplatten gefliesten Terrasse können nach wie vor 48 Gäste sitzen. In beiden Cafés beschäftigt Waldmann zehn festangestellte Mitarbeiter und etliche Aushilfen, die nach Bedarf pendeln.

Neben den Mitarbeitern und Betreibern gibt es noch eine weitere Kleinigkeit, die unverändert geblieben ist: das Kuchenangebot. Das sei so, wie es sei, eine Attraktion für sich, sagt Waldmann. Auch für Kunden aus München, die auf dem Rückweg aus den Bergen extra in Geretsried anhielten, um einen Kuchen vom Café Waldmann mitzunehmen.

© SZ vom 21.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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