Geretsried:Von frivol bis bitterernst

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Kultur-Frauen: Andrea Weber, Assunta Tammelleo und Kirsten Braun (mit Tochter Julie). (Foto: Veranstalter/oh)

Gleichberechtigung als Kulturgut: Das Festival Pipapo ist heuer den Frauen gewidmet

Von Felicitas Amler, Geretsrie

Fette Hinterteile, üppige Busen und quietschbunte Strapse: Weibsbilder, wie Ute Patel-Mißfeldt aus Neuburg an der Donau sie genussvoll und sehr witzig auf Seide malt. Arme Rentnerinnen, die auf Grundsicherung vom Staat angewiesen sind, obwohl sie viel und lang gearbeitet haben: Frauen, von denen die Ickinger Juristin Traudl Bergau zu berichten weiß. In diesem Spektrum bewegt sich heuer das Kulturfestival Pipapo, ausgerichtet vom Kulturverein Isar-Loisach (KIL). Unter dem Titel "Kopf über Stöckelschuh" findet Pipapo erstmals nicht nur in der Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt" statt, sondern mitten in Geretsried, in der Karl-Lederer-Schule und beim Sanitär- und Werkzeugfachhändler Füger.

Von Frauen, (nicht nur) für Frauen und über Frauen - auch so könnte man das Festival beschreiben. Den Macherinnen - an der Spitze Andrea Weber und Assunta Tammelleo - geht es darum zu zeigen, welch hervorragenden Künstlerinnen, Handwerkerinnen und Musikerinnen es gibt. Sie erinnern an 97 Jahre Frauenwahlrecht und daran, dass Frauen erst seit 1958 ohne Zustimmung ihrer Männer den Führerschein machen dürfen. Und sie machen darauf aufmerksam, dass Frauen heute noch trotz guter Qualifikationen 22 Prozent weniger verdienen als Männer.

Zu all dem wolle Pipapo "auf das Beste unterhalten, erheitern und auch zum Nachdenken anregen". Die Gleichberechtigung von Mann und Frau sollte, so die Forderung, in Deutschland ein Kulturgut werden. Über die eigenen Geschlechtsgenossinnen sagen die KIL-Frauen: "Je selbstbewusster, gescheiter und mutiger sie sind, desto besser wird dies gelingen."

Das Pipapo versteht sich von jeher als soziokulturelle Veranstaltung. Es wird auch diesmal von einer Kulturpaten-Aktion begleitet: Geschäftsleute übernehmen die Kosten der Eintrittskarten für Flüchtlinge, arme Familien und Menschen mit Behinderung.

Das Programm beginnt am Dienstag, 24. November, mit dem Vortrag "Stöckelschuh im Alter", in dem Traudl Bergau die Lage der Rentnerinnen in Deutschland skizziert. Eine Diskussion über politische Forderungen und persönliche Maßnahmen soll sich anschließen. Es geht weiter mit Volkstanz, Film ("Männer"), Konzert ("Die drei Damen"), einem Frauen-Spezial-Workshop "Wo ist beim Hammer der Griff . . .?", Burlesque-Tanz "Kurven, Tanz & Rote Lippen", Kabarett ("Frau Veiglhofer verpilgert sich"), Bridge-Schnupperkurs und manchem mehr. Zum Abschluss gibt es ein nicht ganz männerfreies Benefiz-Weihnachtskonzert mit "Session 4 Four" um den Bananafishbones-Trommler Florian Rein. Asyl und Hilfe suchende Menschen sind dabei willkommen, der Reinerlös fließt in die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe.

Das Festival Pipapo hat inzwischen auch in der Stadtpolitik Anerkennung gefunden. Im Kulturausschuss des Stadtrats lag zuletzt bereits das Programm für 2016 mit einem Zuschussantrag vor. Sprecher aller Fraktionen würdigten es als "ganz toll". KIL hat eine große Variante mit einem Zuschussbedarf von rund 26 000 Euro vorgelegt und eine kleine für 11 000 Euro. Im Stadtrat gibt es Befürworter der einen wie der anderen. Eine Mehrheit möchte aber erst geklärt wissen, wie es mit dem großen Kulturherbst weitergeht, den die Stadt erstmals nicht freihändig an Günter Wagner vergeben, sondern ausgeschrieben hat. Eine Entscheidung dazu soll am 2. November fallen.

Pipapo: "Kopf über Stöckelschuh", Dienstag, 24., bis Sonntag, 29. November, Kartenvorverkauf: Bücher Ulbrich und Sport Utzinger in Geretsried, Gummibärchenladen in Wolfratshausen, Reservierung: gitti@hinterhalt.de; Programm unter www.kulturverein-isar-loisach.de

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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