Geretsried:Und trotzdem Spaß haben

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Günther Mayer spielt Rollstuhlbasketball in der Bundesliga. An der Realschule Geretsried spricht er über die Frage von "risk and fun".

Von Jana Spielmann, Geretsried

Nie wieder laufen, Fußballspielen oder auch nur aufrecht stehen: Die Diagnose Querschnittslähmung ist für Betroffene ein Schock. Ihr Leben ändert sich schlagartig, einst selbstverständliche Dinge werden zur Herausforderung. Um trotz Rollstuhl aufrecht im Leben zu stehen, bleibe nur die "Flucht nach vorne". So nennt Günther Mayer den Umgang mit seiner Querschnittslähmung: in die Zukunft blicken und weitermachen. Mayer ist Bundesliga-Rollstuhlbasketballspieler und Teammanager der Jugendnationalmannschaft. Im Rollstuhl sitzt der heute 47-Jährige seit 19 Jahren aufgrund eines schweren Motorradunfalls. Als Referent der Präventionskampagne "No risk - no fun?" der Deutschen Stiftung Querschnittslähmung reist er seit rund zehn Jahren durch den süddeutschen Raum zu Vorträgen an Schulen. Jetzt war er in Geretsried zu Gast.

An der Realschule Geretsried hatten Schülerinnen und Schüler der achten Klasse am Mittwoch die Möglichkeit, dem Bayreuther an einem Projekttag der Schule in Zusammenarbeit mit der Stiftung Fragen über seinen Alltag im Rollstuhl zu stellen. Neben dem Vortrag von Günther Mayer konnten sie selbst ausprobieren, wie sich ein Leben im Rollstuhl anfühlt. In der Turnhalle der Schule standen dafür zahlreiche Rollstühle bereit. Projektleiter Holger Kranz führte die Achtklässler - alle im Rollstuhl sitzend - durch einen Hindernisparcours. Unter seiner Anleitung durchfuhren ihn alle. Und nicht wenige von ihnen fielen unter dem Gelächter ihrer Mitschüler seitlich mit dem Rollstuhl um. "Das ist wirklich nicht einfach", sagte ein Mädchen. Nebenan spielte eine Gruppe Rollstuhl-Basketball. Auch hier waren alle Schüler engagiert und wurden von ihren Zuschauern lautstark angefeuert - selbst wenn ihnen der Ball regelmäßig entwischte oder davonrollte.

"Am Anfang sind die Schüler oft etwas skeptisch und zurückhaltend, aber irgendwann trauen sie sich, ihre Fragen zu stellen. "Dann merkt man, dass ein großes Interesse besteht", sagte Mayer über seine Vorträge, die auch für ihn immer positive Erfahrungen brächten. "Ich mache das nicht wegen eines finanziellen Beweggrundes, sondern weil die Kampagne sowohl gut für die Menschen mit Handicap als auch gut für die Menschen ohne körperliche Beeinträchtigung ist", erklärte der Basketballspieler. "Denn nur so werden Berührungsängste und Hemmschwellen beiderseits überwunden."

Die Gruppe der 18- bis 25-Jährigen sei für Querschnittslähmungen, die durch riskantes Verhalten verursacht werden, besonders anfällig. "Alkoholkonsum, hohe Risikobereitschaft, Gruppenzwang und Mutproben: Das alles sind Faktoren, die besonders bei jungen Menschen anschlagen und sie zu gefährlichen Aktionen verleiten", sagte Stefanie Holzhauer, Initiatorin des Projekttags und Sportlehrerin an der Geretsrieder Realschule. Das Ziel der Präventionskampagne der Stiftung und des Projekttags sei daher die Sensibilisierung der Jugendlichen. Sie sollen lernen, sich nicht unnötigen Gefahren auszusetzen, dabei aber nicht auf Spaß verzichten.

Abschließend bearbeiteten die Schüler ein Arbeitsheft der Stiftung. Thematisch werden dabei die gesundheitlichen Aspekte der Querschnittslähmung aufgearbeitet, aber auch Ratschläge zur Ersten Hilfe bei einem Unfall gegeben. Querschnittslähmung ist nicht heilbar. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Querschnittslähmung entstehen 70 Prozent dieser Verletzungen durch Unfälle im privaten und beruflichen Alltag. Daher müsse die Forschung vorangetrieben werden und gezielt Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung solcher Unfälle ergriffen werden.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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