Geretsried:"Radwege allein reichen nicht aus"

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Nikolaus Wiedemann ist Vorsitzender des ADFC-Kreisverbands und leidenschaftlicher Radler. Im Interview mit der SZ spricht er über die Aufgaben der Kommunen und die Vorbildfunktion lokaler Politiker

Von Deborah Berger

Radfahren hält nicht nur fit, sondern ist auch gut für die Umwelt. Der ADFC-Kreisverband Bad Tölz-Wolfratshausen vertritt seit 18 Jahren die Fahrradfahrer im Landkreis, organisiert Touren, klärt Verbraucherfragen und engagiert sich verkehrspolitisch. Die Süddeutsche Zeitung hat mit Nikolaus Wiedemann gesprochen, dem Ersten Vorsitzenden des ADFC-Kreisverbands. SZ: Wie schätzen Sie die Radverkehrssituation im Landkreis ein? Nikolaus Wiedemann: Insgesamt ist die Situation für Radfahrer gut. Trotzdem sehe ich an ein paar Stellen noch Verbesserungsbedarf. Zum Beispiel gibt es seit zehn Jahren ein Gesetz, das besagt, dass das Verkehrsschild "Radweg" nur noch an Gefahrenpunkten angebracht werden darf.

Damit sind Stellen gemeint, an denen es für den Radfahrer gefährlich wäre, die normale Straße zu benutzen. Leider prüfen die Gemeinden und Kommunen nur selten, wo die Schilder tatsächlich nötig sind und wo nicht, auch wenn sie damit den bekannten Schilderwald lichten könnten. Studien zeigen sogar, dass es für alle Verkehrsteilnehmer sicherer ist, wenn der Radfahrer im Verkehr mitfließt, weil er dann für jeden gut sichtbar ist. In anderen Landkreisen hat es zu dem Thema auch schon Klagen von Privatpersonen gegeben, die vor Gericht Recht bekommen haben. Wer müsste hier handeln, um die Radweg-Situation zu verbessern? Die Gemeinden und Kommunen sind in der Pflicht, die Schilder auf ihre Notwendigkeit zu prüfen, um den Verkehr, nicht nur für Radfahrer, sicherer zu machen. Auch für Abstellanlagen für Fahrräder an öffentlichen Plätzen, wie Bahnhöfen, sind die Kommunen zuständig. Billige Abstellanlagen bergen die Gefahr, dass das abgestellte Rad beschädigt oder gar gestohlen wird. In Wolfratshausen und Geretsried gibt es bereits moderne Anlagen, an denen der Radfahrer den Rahmen seines Fahrrads anschließen und so vor Diebstahl und Beschädigung der Speichen schützen kann.

Neben der Anschaffung dieser neuen Anlagen müssen natürlich die Alten nach und nach ersetzt werden. Dennoch ist die Situation in unserem Landkreis besser als in vielen anderen. Bad Tölz und Wolfratshausen sind Mitglieder der "AGFK - Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Kommune". Was kennzeichnet eine fahrradfreundliche Kommune? Radwege allein reichen nicht aus. Der Fokus der Kommune sollte auf der Fahrradförderung liegen. Das kann sich beispielsweise auch darin äußern, dass auf der Webseite der Kommune ein Link auf die Möglichkeiten für Fahrradfahrer im Ort verweist. Auch lokale Politiker, die mit dem Rad anstatt mit dem Wagen zur Arbeit fahren, setzten in ihrer Vorbildfunktion ein Zeichen. Außerdem findet am 9. Mai zum ersten Mal der "Mobilitätstag" in Geretsried statt, bei dem der Schwerpunkt, anders als in den vergangenen Jahren beim "Auto-Sonntag", auf alternativen Mobilitätsmöglichkeiten liegt.

Auch der ADFC Kreisverband wird auf dieser Veranstaltung dabei sein. Warum sollten Ihrer Meinung nach noch weitere Kommunen der AGFK beitreten? Natürlich würde ich mir wünschen, dass sich noch weitere Städte und Gemeinden des Landkreises der AGFK anschließen. Die Mitgliedschaft bringt den Gemeinden viele Vorteile. Erstens dient sie dem Erfahrungsaustausch und der gegenseitigen Unterstützung in allen Fahrrad-Belangen. Mitgliedskommunen profitieren untereinander von den Erfahrungen und dem Wissen der anderen. Zweitens ist die Mitgliedschaft natürlich auch eine Art Werbung für die Kommune. Daher gibt es eine Prüfungskommission, die vor Ort kontrolliert, wie fahrradfreundlich die Kommune tatsächlich ist und wo Verbesserungspotenziale liegen.

© SZ vom 14.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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