Geretsried:Planschbecken als Entenpool

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Drei verwaiste Entenküken sind in Geretsried herumgeirrt - nun haben sie bei Familie Kraus ein neues Zuhause gefunden. Doch langsam wird das Trio flügge.

Monika Schotte

Eigentlich hatten Monika und Marina Kraus aus Geretsried nicht vor, in die Fußstapfen des bekannten Verhaltensforschers Konrad Lorenz zu treten und das Prägeverhalten junger Wasservögel zu studieren. Dass sie nun doch Ersatzmütter für drei anhängliche junge Stockenten wurden und sich seit rund sieben Wochen fast alles in der vierköpfigen Familie um die gefiederten Tiere dreht, ist eher dem Zufall zu verdanken.

Auf Marina Kraus sind die kleinen Stockenten fixiert - hier gibt's gerade Futter im Pool. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Ich war zu Fuß Richtung Karl-Lederer-Platz unterwegs, da sind zwei kleine Entenküken beim 'La Trattoria' die Egerlandstraße entlanggelaufen", erzählt Mutter Monika Kraus. Sie fing die orientierungslosen braun-gelben Flaumknäuel ein und quartierte sie vorerst im heimischen Hasenstall ein. Nachforschungen in der Umgebung führten dazu, dass sie ein weiteres aufgelesenes Küken in Obhut bekam. Erzählungen nach hatte ein Hund die mitten in Geretsried spazierende Entenfamilie aufgescheucht und versprengt.

Nachdem die Entenmutter unauffindbar blieb, holte sich Familie Kraus Tipps bei einer Gänsehalterin, einer Tierärztin und übers Internet, richtete ein Gehege im Garten und ein Nachtquartier zum Schutz vor Mardern in der Garage ein, funktionierte das Planschbecken der Kinder zum Entenpool um, besorgte Aufzuchtfutter, schnippelte Salat, Brennnesseln, gekochte Eier oder Kartoffeln und richtete fortan den Tagesablauf an den Bedürfnissen der nimmersatten Schützlinge aus.

"Den ganzen Tag sammeln sie Schnecken und Insekten, überall liegen Fliegenklatschen", kommentiert Vater Johann Kraus den Eifer von Frau und Kindern mit einem Schmunzeln. Und noch etwas wundert ihn: "Meine Familie steht freiwillig in der Früh auf!" Und das, obwohl jetzt Ferien sind. Gut, dass die Familie keinen Urlaub gebucht hat. Die zwölfjährige Marina wird trotzdem nichts vermissen. Wer kann schon erzählen, dass er mit Entenküken auf dem Rücken im Starnberger See oder im eigenen Pool geschwommen oder mit drei Jungenten im Schlepptau an der Isar gewesen ist?

"Bi-wi-wi"

Davongelaufen ist das Watschel-Trio noch nie. Noch kann Ersatzmutter Marina mit einem sanften "Bi-wi-wi" die inzwischen zu jungen Damen herangewachsenen Enten, die Kuschel, Mogli und Lilli genannt werden, zu sich locken. "Vor allem als sie noch kleiner waren, waren sie auf die Marina fixiert", erzählt Monika Kraus. Inzwischen erkunden die Jungenten, stets im engen Verbund, den Garten der Familie Kraus auch allein oder gründeln im Pool.

Die wachsende Selbstständigkeit macht Monika und Marina Kraus nicht traurig, denn sie haben sich immer im Bewusstsein gehalten, dass ihre Schützlinge Wildenten sind, die nun bald flügge werden. Ob sie sie dann an einem Weiher in die Freiheit entlassen oder warten, bis sie zu einem selbst gewählten Ziel den Garten verlassen, darüber sind sich Monika und Marina Kraus noch nicht ganz sicher. Über das Verhalten von jungen Stockenten wissen die beiden jedenfalls jetzt bestens Bescheid. Wer weiß, wann wieder eine die Straße kreuzt.

© SZ vom 21.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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