Geretsried:Paukenschlag vor der Stichwahl

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Die Geschäftsführerin der Musikschule, Vera Kraus, ruft in 300 Briefen zur Wahl von Robert Lug auf - und erntet heftige Kritik.

Von Thekla Krausseneck

Die Stimmung ist empfindlich, so kurz vor der Stichwahl am Sonntag. Die CSU rührt die Wahlkampftrommel leise. Sie hat nochmals plakatiert, einen Michael Müller hier, ein rotes Plakat da, ein Informationsstand am Samstag - viel ist von den Christsozialen nicht zu hören. Sie haben einen guten Grund, sich sicher zu fühlen: Nur ein paar Prozentpunkte mehr, und Michael Müller hätte am 16. März die absolute Mehrheit gehabt. Beinahe wäre er ins Rathaus eingezogen, ohne sich mit einer Stichwahl aufhalten zu müssen. Der Kandidat der Freien Wähler, Robert Lug, kam hingegen mit einem Vorsprung von nur 31 Stimmen in den Zweikampf mit der CSU.

Die Freien Wähler haben also einen guten Grund, angespannt zu sein. Robert Lug schaltet Anzeigen in Tageszeitungen, hat die Straßen mit neuen, noch bunteren Plakaten tapeziert, in einem sozialen Netzwerk spricht Landrat Josef Niedermaier eine Wahlempfehlung aus. Furore ausgelöst hat jetzt ein Empfehlungsschreiben der FW-Stadtratskandidatin Vera Kraus, die Geschäftsführerin der städtischen Musikschule ist. Sie schickte einen Brief an mehrere Hundert Adressaten. In der Anrede heißt es: "Liebe Eltern und Schüler der Musikschule, liebe Musik-Freunde, liebe Kultur-Interessierte". Bei den Kontaktdaten ist neben ihrer privaten Telefonnummer auch die geschäftliche angegeben. In ihrem Schreiben spricht sich Kraus konkret für Robert Lug aus: "Ich bitte Sie eindringlich - gehen Sie zur Wahl! Und wählen Sie Robert Lug - er ist einfach der Richtige!"

Das führte zu heftiger Kritik von CSU-Unterstützern und Eltern von Musikschülern, die den Brief erhalten hatten. Hannes Kirchhofer, Vorsitzender der Musikschule, rief noch am Dienstagabend eine Vorstandssitzung ein, bei der eine Pressemitteilung formuliert wurde: "Aufgrund einiger missverständlicher Formulierungen" sei der Eindruck entstanden, die Musikschule spreche eine Empfehlung zur Stichwahl aus. "Der komplette Vorstand distanziert sich ausdrücklich von dem privaten Schreiben der Frau Kraus." Der Vorstand vertraue darauf, dass beide Bürgermeisterkandidaten die Arbeit der Musikschule gleichermaßen wertschätzten und auch künftig unterstützten. Klargestellt wird, dass der Brief nur eine Meinungsäußerung von Kraus sei.

Kraus stimmt dem zu: Das Schreiben sei privater Natur gewesen. Was die Anrede angehe, da räume sie selbst ein, "zu unbedacht" gewesen zu sein. "Das tut mir wirklich leid, auch ich lerne dazu." Die Telefonnummer der Musikschule habe sie deshalb in ihren Kontaktdaten untergebracht, weil sie täglich mindestens zehn Stunden dort anzutreffen sei. Ansonsten sei alles privat, auch die E-Mail-Adresse. Michael Müller habe sie indes mit der Formulierung, es brauche einen Bürgermeister, der in der Politik erfahren und im Umgang mit Ministerien, Bürgermeisterkollegen und dem Landrat "auf gleicher Augenhöhe steht", nicht auf die Füße treten wollen: Da sie ja nichts über ihn wisse, habe sie nichts über ihn schreiben können. Was Lug betreffe, "hinter dem stehe ich", sagt Kraus. Ihre Intention sei es allerdings in erster Linie gewesen, die Leute überhaupt zur Wahl zu motivieren - wegen der niedrigen Wahlbeteiligung, die in Geretsried bei 47,69 Prozent lag.

Den Vorwurf, dass sie sich für den Versand der Briefe aus der Kasse der Musikschule bedient habe, weist Kraus scharf zurück. "Natürlich habe ich das Porto aus eigener Tasche gezahlt." Auch die rund 300 Adressen habe sie nicht aus der Kartei der Musikschule entnommen. "Leute, die mich kennen, wissen, dass ich sehr bedacht bin." Sie kenne viele Menschen von früher und von heute. Denen habe sie den Brief per Post zugeschickt, teilweise auch persönlich gebracht. Dass er solchen Wirbel verursacht hat, könne sie sich nicht erklären. "Die Nerven liegen blank", vermutet Kraus.

© SZ vom 27.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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