Geretsried:Kultur, die verbindet

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Werner Sebb will sich nicht hinsetzen und Däumchen drehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Werner Sebb leitet seit 37 Jahren die Chorvereinigung Geretsried

Von Sebastian Raviol, Geretsried

Seine Hausfassade verrät bereits einiges über Werner Sebb. Dort hat der 76-Jährige große Musiknoten befestigt. Im Haus geht es musikalisch zu: Sebb leitet seit 37 Jahren die Chorvereinigung Geretsried. Seine Frau singt mit. Für Sebb war es immer klar, dass die Musik sein Wegbegleiter sein würde. Mit neun Jahren fing er an, Geige zu spielen. "Von da an habe ich eigentlich immer Musik gemacht."

Am liebsten wäre der gelernte Chemieingenieur professioneller Sänger geworden. "Ich war knapp davor. Ich habe zwei, drei Jahre lang an vielen Theatern vorgesungen", erzählt Sebb. Das habe ihn weitergebracht, ebenso prägend seien eineinhalb Jahre beim Musikkorps der Bundeswehr während seines Wehrdienstes gewesen. Mit 30 Jahren gab er die Pläne für eine professionelle Musikkarriere auf, sang aber in der Chorvereinigung. Schließlich wurde ihm deren Leitung angeboten. "Ich hatte zwar musikalische Erfahrung, aber noch wenig Literaturkenntnis", erzählt er. Deshalb ließ sich Sebb in einem dreijährigen Seminar ausbilden und wurde mit 39 Jahren Chorleiter.

Sebb gehört dem Chor seit 51 Jahre an. Immer noch leitet er ihn mit Herz und Seele. Seit 2010 tritt der Chor allerdings nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Sie sängen dafür etwa vier Mal jährlich in einem Altenheim, sagt Sebb. "Dort machen wir ein offenes Singen. Das macht uns sehr viel Spaß, wenn wir sehen, wie die Leute dabei aufgehen." Früher begleitete Sebb mit seinem 42-köpfigen Chor unter anderem Weihnachtskonzerte in der Kirche. Heute freut er sich daran, wenn im Altenheim "Menschen, die angeblich fast kein Gedächtnis mehr haben, das Strahlen anfangen und sich wieder an alte Liedtexte erinnern."

Der frühere Tuba-Spieler ist kulturell vielfältig interessiert. 1994 gründete er die Interessensgemeinschaft Kulturförderung Geretsried mit. Neun Jahre lang organisierte er dort etwa 70 Abo-Konzerte auf "ansehnlichem Niveau." In dieser Zeit kamen auch Musiker der Münchner Philharmoniker nach Geretsried. Nach dem Ende der Interessensgemeinschaft 2003 engagierte sich Sebb weiter ehrenamtlich. Er gründete den Arbeitskreis Historisches Geretsried. Mit diesem will er die Geschichte der Stadt aufarbeiten.

Sebb ist in Stuttgart geboren. Mit drei Monaten kam er ins Egerland. Als Heimatvertriebener kam er samt Familie 1946 nach Geretsried. 2016 jährt sich dies zum 70. Mal. Dazu plant er eine Gedenkveranstaltung und Ausstellung. "Ich brauche das, kann mich nicht hinsetzen und Däumchen drehen." Auch das Singen möchte Sebb nicht aufgeben. Ab und an lässt er es sich bei den Chorproben nicht nehmen und "singt eine Strophe mit." Über die Auszeichnung mit der Isar-Loisach-Medaille freut sich Sebb, auch wenn sie ihn überrascht hat: "Man wirkt im künstlerischem Bereich nicht, um eine Auszeichnung zu bekommen."

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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