Geretsried:Kleine Kirche ganz groß

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Organist Péter Szeles und Sopranistin Anette Joanna Niemeier gestalten ein Konzert in Sankt Benedikt

Von Jakob Steiner, Geretsried

Kaum hörbar, aber sehr wohl spürbar: Der tiefste Basston löst ein wohliges Gefühl aus, das man von dieser recht kleinen "Kiste" nicht erwartet hätte. Fast wie in dem Raum einer großen Basilika fühlt es sich an, wenn man die Augen schließt. Die Rede ist von der im vergangenen Jahr renovierten Orgel in der Geltinger Kirche Sankt Benedikt. Am Samstag hat der ungarische Péter Szeles am Spieltisch gesessen. Er gestaltete mit der Sopranistin Anette Joanna Niemeier, die seit zwölf Jahren in Gelting lebt, ein Passionskonzert.

Schon bei den ersten Tönen konnten die mehr als 100 Zuhörer den Vorteil eines Konzerts in einem kleinen Raum erkennen: Die Orgel zeichnete sehr gut. Dadurch entstand ein klarer Klang, der jede Kleinigkeit erkennbar machte - was auch ein Nachteil sein kann. Mit Dietrich Buxtehudes Präludium in g-Moll gelang Szeles ein schwungvoller Einstieg in den Konzertabend. Er ließ vor allem durch die ruhigen Fugen-Abschnitte keine Hektik aufkommen.

Nach dem ausladenden Schluss des Präludiums folgte der erste Auftritt Niemeiers auf der Empore - die Zuhörer blickten auf den mit Kerzen beleuchteten Altarraum. Sie wählte ein für eine Sopranistin ungewöhnliches Stück aus: das "Stabat Mater" von Antonio Vivaldi. Da es ursprünglich für (Kontra-)Alt, zwei Geigen, Bratsche und Generalbass vorgesehen ist, hatte Szeles es arrangiert und einen Ton höher gesetzt. Niemeier füllte den Kirchenraum mühelos und legte auf klare Aussprache wert. Von der "Kargheit" des Werks, die sie vor Konzertbeginn ansprach, war bei ihrer Interpretation voller Dramatik nichts zu spüren. Mit romantischem Gestus stellte sie das Leiden Marias unterm Kreuz dar, darunter litt an manchen Stellen die Intonation. Bei der "Amen"-Vertonung, dem einzigen Allegro-Teil des "Stabat Mater", taten sich die ansonsten gut harmonierenden Musiker schwer. Ungewöhnlich zart stellte Szeles das Thema der Passacaglia in c-Moll von Johann Sebastian Bach vor. Allein mit dem tiefen Bassregister begann er das bekannte Werk, dessen Gattung schon in der damaligen Zeit als veraltet galt. Bach bezieht sich auf norddeutsche Meister wie Buxtehude, so spannte der Ungar einen Bogen zum ersten Werk des Konzerts.

Dass die vor 110 Jahren von Franz Borgias Maerz erbaute Orgel aber auch für den grundstimmigen Klang des französischen Stils im beginnenden 20. Jahrhundert zu gebrauchen ist, bewies der Organist bei Louis Viernes "Rêverie" (Träumerei). Mit schöner, farbenreicher Registrierung schuf er einen Ruhepol im Konzertprogramm. Mit der Arie "Laudate Dominum" aus den "Vesperae solennes de Confessore" von Wolfgang Amadeus Mozart, abermals arrangiert von Szeles, klang der Konzertabend aus. Niemeier zeigte hier leichte Töne in der Höhe, diese Arie lag ihr besser.

"Schon immer wollte ich ein Konzert in dieser schönen Kirche geben, auf die ich jeden Tag schaue", hatte die Sopranistin bei einer kurzen Werkeinführung zu Beginn ihres Auftritts gesagt. Nach der musikalischen Stunde bedankte sich die Pastoralreferentin der Pfarrei Sankt Andreas, zu deren Verband die Kirche Sankt Benedikt gehört, Gabriele Seidnader, bei den beiden Musikern.

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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