Gemeinschaftskonzert:Jai Ho und Zottelmarsch

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Musik kennt keine Grenzen - das ist die Botschaft eines Gemeinschaftskonzerts der "Mixed Voices" und des indischen Chors "The Capital City Minstrels"

Von Petra Schneider, Geretsried

Kein Durchkommen ist mehr am Sonntag in der Aula des Gymnasiums. Leute sitzen auf den Stufen und drängen sich in den Gängen, die Luft wird im Laufe des Abends subtropisch-schwül. Angelockt hat sie vermutlich der Reiz des Exotischen. Denn neben den Mixed Voices hat sich ein Chor aus Indien angekündigt: The Capital City Minstrels aus Neu-Delhi. Sie bilden den größten von drei Chören, die es in der 20-Millionen-Metropole Delhi gibt. Die Chorleiterin ist eine Geretsriederin: Carolyn Remy, Gründungsmitglied bei den Mixed Voices. Vor elf Jahren ist sie mit ihrem Mann nach Neu-Delhi ausgewandert. "Heute komme ich zurück und bringe meine neue Heimat in meine alte mit", sagt sie gerührt.

Das Konzert beginnt mit einem indischen Ritual. Ein Licht wird entzündet, eigentlich eine Öllampe, in der Geretsrieder Aula sind es Teelichte, "die deutsche Variante", wie Remy sagt. Die Mixed Voices unter der Leitung von Roland Hammerschmidt eröffnen das Programm mit dem Eurythmics-Song "Sweet Dreams are made of This". Remy kehrt bei zwei Stücken in den Schoß ihrer einstigen Chorfamilie zurück. Nach dem Oldie-Klassiker "Rama Lana Ding Dong", den die Geretsrieder schmissig und gut gelaunt in ihren schwarz-bunten Outfits präsentieren, machen sie die Bühne frei für die Inder.

The "Capital City Minstrels". (Foto: Hartmut Pöstges)

Begleitet von Trommeln treten die 25 Chormitglieder auf, die Frauen in orangen oder pinken Saris, eine leichte Verbeugung mit gefalteten Händen, dann setzt das Klavier ein. Anders als die Geretsrieder a-cappella-Formation werden sie von Instrumenten begleitet: Klavier, Trommeln, Schlagwerk, Geige, Flöte. Vor allem die Trommeln treiben die Lieder wie ein Pulsschlag an. Das Repertoire des Chors, der vor 20 Jahren gegründet wurde, um westliche Musik nach Indien zu bringen, ist breit. Es reicht von Pop-Klassikern über ein koreanisches Volkslied, bis hin zu Filmmusik aus "Sister Act".

Der Chor beherrsche ein weltliches und ein geistliches Programm, sagt Remy. Letzteres haben die Inder zusammen mit dem Tölzer Kammerchor unter Leitung von Christoph Heuberger am Sonntagmorgen in der Stadtpfarrkirche in Tölz aufgeführt. Auch am Abend in Geretsried darf ein geistliches Chorlied nicht fehlen. Das "Vater Unser" auf aramäisch - "unser Herzstück", sagt Remy. Voll und klar klingen die Lieder, die Instrumente fügen sich harmonisch ein, die Dynamik variiert einfühlsam. Bei den indischen Liedern öffnen sich die konzentrierten Mienen der Sänger, sie wiegen sich im Takt der Trommeln, ein Strahlen zeigt sich in den Gesichtern. Auch im Publikum, das am meisten klatscht, wenn die Gäste Lieder aus ihrer Heimat singen. Wie etwa "Jai Ho" aus dem Film "Slumdog Millionaire".

Neu-Delhi meets Geretsried: Die Sänger harmonierten am Sonntag gut mit Roland Hammerschmidts "Mixed Voices". (Foto: Harmut Pöstges)

Die Botschaft des Abends lautet: Musik kennt keine Grenzen. Ganz in diesem Sinne mischen sich am Ende die beiden Chöre auf der Bühne und singen gemeinsam ein bayerisches und ein indisches Lied. Hammerschmidt hat den "Zottelmarsch" ausgesucht, ein fröhliches Stück, das für indische Ohren vermutlich sehr fremd wirkt. Die Gäste wiederum haben ein ruhiges Lied gewählt, in dem es um religiöse Toleranz geht.

Nach zwei Stunden ohne Pause verabschiedet sich der Multi-Kulti-Chor. Weil der begeisterte Applaus nicht abreißt, gibt es doch noch eine Zugabe der Inder, die sich für die gastfreundliche Unterbringung bei Geretsrieder Familien bedanken, "for the wonderful food an beer".

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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