Urteil:Grapschereien im Stadtbus

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19-Jährige zeigt Fahrer an. Der Mann wird freigesprochen

Von Benjamin Engel, Geretsried

Ihm drohte eine Mindeststrafe von einem Jahr: Ein 31-jähriger Busfahrer soll ein 19-jähriges Mädchen beim Stopp an der Endhaltestelle Ende August 2014 sexuell bedrängt haben. Er soll sie trotz Gegenwehr geküsst sowie mit den Händen unter ihr Kleid und an ihre Brust gefasst haben. Schließlich soll er von ihr abgelassen haben. Als er weiterfuhr, stieg sie aus und zeigte ihn an. Der Mann sagte vor dem Schöffengericht Wolfratshausen, dass sie ihn angemacht habe. Sie hätten rumgeknutscht. Gewehrt habe sie sich nicht. Das Gericht glaubte ihrer Aussage nicht - und sprach den Mann frei.

Der Busfahrer war gegen 22.20 Uhr in Wolfratshausen losgefahren. Unterwegs stieg die junge Frau zu. Er kannte sie vom Sehen. Sie habe gefragt, wie schnell er Sex machen könne. Sie sei nicht wie üblich ausgestiegen, sondern bis zur Endstation gefahren. Der Bus stand etwa zehn Minuten.

Dort habe sie ihn an die Oberschenkel gefasst. "Das hat mich erregt", sagte er. Sie hätten sich geküsst - an Hals, Mund und Ohren. Da habe er daran gedacht, wie er künftig noch seine Tochter mit diesem Mund küssen könne. "Da wurde mir ganz schlecht." Er habe sich losgerissen.

Vor der Polizei hatte der Busfahrer die Grabschereien zuerst verschwiegen. Doch DNA-Spuren an Ohr und Brust des Mädchens wurden festgestellt. Er sagte, dass seine damals mit einem weiteren Kind schwangere Frau nichts erfahren sollte. Der ermittelnde Polizeibeamte sagte, dass das Mädchen eine halbe Stunde vor der Busfahrt anzüglichen Handy-Nachrichten an einen Freund geschickt habe. Darin habe sie von Sexfantasien im Bus geschrieben. Eine Polizeibeamtin zweifelte an ihrer Glaubwürdigkeit. Sie habe nicht so wütend reagiert, wie es zu erwarten gewesen wäre.

Das Mädchen wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhört. Richter Helmut Berger sagte, dass ihre Glaubwürdigkeit gegen Null tendiere. Der Mann solle sie mit beiden Händen festgehalten und nach unten gedrückt haben. Gleichzeitig sollte er sich den Gürtel gelöst und sie ihm eine geschmiert haben. Einerseits sagte sie, dass sie sich nicht habe wehren können. Berger sagte, dass er nicht wisse, wie das gehen solle. Die anzüglichen Textnachrichten würfen kein gutes Licht auf sie. Der Staatsanwalt forderte einen Freispruch. Dem entsprach der Richter.

© SZ vom 13.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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