Geretsried:27 Monate Haft für Missbrauch

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Gericht sieht sexuelle Übergriffe auf Kinder als bewiesen an

Von Benjamin Engel, Geretsried

Der 28-jährige Flüchtling aus Afghanistan, der Kinder in seinem Zimmer in der Geretsrieder Asylbewerberunterkunft sexuell bedrängt hat, ist am Dienstag zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Amtsgericht Wolfratshausen sprach ihn wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und vorsätzlicher Körperverletzung schuldig. Einen Buben, der sich wehrte, schlug er. Zu den Vorwürfen äußerte sich der Angeklagte nicht. Er leidet unter Depressionen und wird ärztlich behandelt.

Zwischen November 2014 und März 2015 hatten sieben Mädchen und Buben - heute im Alter von 13 bis 17 Jahren - wiederholt bei dem Angeklagten übernachtet. Er bot ihnen Zigaretten und Alkohol an und trank auch selbst. Eine Mutter hatte Sprachnachrichten des Angeklagten mit Liebesbotschaften an ihre Tochter entdeckt und den Flüchtling angezeigt.

Richter Urs Wäckerlin erklärte, die Kinder hätten ein plausibles Bild des Geschehens geschildert. Die Vorwürfe seien schwerwiegend. Außerdem sei dem Mann bewusst gewesen, wie alt die Kinder waren. Das Gericht habe sich intensiv damit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte Alkohol getrunken habe. Doch lasse sich damit eine mildere Strafe nicht begründen. Denn der Mann habe fortwährend Alkohol konsumiert. Er habe die Wirkung einschätzen können und gewusst, dass er sich betrunken anders benahm als nüchtern. So schilderten Kinder, dass er komisch gewesen sei, nachdem er getrunken habe. Ein heute 15-jähriger Junge erklärte, dass der Mann dann immer jemand habe anfassen wollen.

Die Gutachterin vermutete, dass der Angeklagte seine Depressionen gleichsam therapiere, indem er trinke. Auffällig sei, dass er normalerweise zurückhaltend und nüchtern sei, erst betrunken komisch werde. Aus ihrer Sicht war der Mann zwar nur noch vermindert steuerungsfähig, aber nicht vollkommen steuerungsunfähig. Sie konnte weder ausschließen noch bejahen, dass der Mann alkoholabhängig sei. Das Gericht ging nicht davon aus, dass der Angeklagte alkoholabhängig ist. Dies begründete es unter anderem mit aktuell vorliegenden Laborwerten.

Wie der Angeklagte aussagte, sei er mit seinem Eltern kurz nach der Geburt aus Afghanistan nach Pakistan geflohen. Nach dem Einmarsch amerikanischer Streitkräfte in Afghanistan nach der Jahrtausendwende sei die Familie wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt. Er habe nie eine Schule besucht, für die Polizei gearbeitet und sei beim Militär gewesen. Weil er sich von Taliban bedroht fühlte, sei er geflohen, sagt er. Über den Balkan kam er Ende 2013 nach München, zog wenig später in die Geretsrieder Asylbewerberunterkunft ein.

Seit Jahren ist der Mann in psychiatrischer Behandlung. Mehrmals wurde er bereits stationär behandelt. Wie er persönlich sagte, habe er Angst, dass er wieder nach Afghanistan zurückgeschickt werde. Außerdem hätten in die Kinder in der Asylbewerberunterkunft gestört, was er allerdings nicht näher ausführte. Aus Arztbriefen ging hervor, dass der Mann mehrmals gedroht habe sich umzubringen, falls er wie geplant in eine andere Asylbewerberunterkunft verlegt werde. Er sei aber geistig vollkommen orientiert gewesen.

Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht, dass er nicht vorbestraft war. Die Staatsanwältin forderte eine Haftstrafe von drei Jahren. Die Verteidigerin stellte das Strafmaß in das Ermessen des Gerichts. Noch ist nicht entschieden ist, ob es zur Berufung kommt.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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