Kommune versus Jod AG:Hotel-Streit droht vor Gericht zu landen

Lesezeit: 3 min

Bad Tölz schreibt Sondergebiet Bäderviertel Mitte fest. Die Jod-AG beharrt auf Wohnbauten und legt ihren Widerspruch in einem umfassenden Dossier vor.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Hotel oder Wohnungen? Die Anzeichen verdichten sich, dass der Dissens zwischen der Stadt und der Jodquellen AG über die Zukunft des Areals mit dem ehemaligen Hotel Jodquellenhof und dem früheren Spaßbad Alpamare vor Gericht landet. Nicht weniger als 18 Seiten umfasst die Stellungnahme der Jod AG zum Bebauungsplan "Sondergebiet Bäderviertel Mitte", in dem die Stadt ein neues Hotel festschreibt. Das Unternehmen, das dort lieber Wohnhäuser bauen möchte, äußert sich skeptisch zum Tourismus in Tölz und glaubt nicht daran, dass sich ein Hotel lohnen würde. "Die lange Stellungnahme des Eigentümers kommt daher, dass er uns verklagen möchte", sagte Bauamtsleiter Christian Fürstberger am Dienstagabend im Bauausschuss des Stadtrats.

Die Stadt Bad Tölz wünscht sich auf dem auf dem 23 000 Quadratmeter großen Areal ein neues, großes Hotel, das in das Kurviertel passt. (Foto: Manfred Neubauer)

Ihren Standpunkt begründet die Jod AG unter anderem damit, dass es der Stadt nach dem Ende der alten Sozialkur nicht gelungen sei, sich im Tourismus "eine strategische Erfolgsposition zu erarbeiten". Dies ist auch eine Kritik am Konzept der "Neuen Tölzer Hotelkultur", mit dem die Stadt seit sechs Jahren versucht, sich vor allem auf dem zweiten Gesundheitsmarkt zu etablieren. Das Unternehmen verweist auf Bettenschwund, schrumpfende Umsätze, rückläufige Übernachtungen. So sei die Zahl der Betten von 3649 im Jahr 2004 auf 1842 im Vorjahr gesunken. Außerdem sollte die Stadt nach Ansicht der Jod AG die bestehenden Betten besser auslasten, ehe sie daran denke, ihre Anzahl zu erhöhen.

Das Hotel Jodquellenhof ist seit gut zwei Jahren Geschichte. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dieser Argumentation widersprach Kurdirektorin Brita Hohenreiter im Ausschuss vehement. Sie räumte zwar ein, dass Tölz weniger Betten habe als vor 13 Jahren, allerdings seien es im vorigen Jahr laut Statistischem Landesamt noch 2120 gewesen - etwa 300 mehr, als von der Jod AG behauptet. Den Rückgang führt sie darauf zurück, dass nach der Gesundheitsreform 1996 des damaligen Bundesministers Horst Seehofer die Hälfte der acht Sanatorien zugemacht hat, überdies fielen seither viele Gästehäuser und Ferienwohnungen weg. Trotzdem habe Tölz immer noch 368 000 Übernachtungen pro Jahr, nur 23 000 weniger als 2004. Und die Umsätze der Häuser sind Fürstberger zufolge zwischen 2010 und 2014 von 82 auf 87 Millionen Euro gestiegen. Seine Schlussfolgerung: "Ein Hotel funktioniert, wenn man es entsprechend betreibt." Das unterstrich Hohenreiter. Andere Häuser verzeichneten signifikante Zuwächse, sagte sie und warf der Jod AG vor, sie habe als Hotelier "vielleicht etwas falsch gemacht".

Nachdrücklich verteidigten der Bauamtschef und die Kurdirektorin das Konzept der Tölzer Hotelkultur. Sie verwiesen auf das neue Vitalzentrum und ein umfangreiches touristisches Programm. Dies werde in der Stellungnahme der Jod AG völlig ignoriert, meinte Fürstberger. Darin würden auch die Sportjugendherberge und das Hotel Isarwinkel des Bahn-Sozialwerks (BSW) nicht erwähnt, so Hohenreiter. Die Jugendherberge habe außer Schülern auch Familien und Tagungsteilnehmer als Gäste, das Hotel Isarwinkel beherberge nicht mehr bloß ehemalige Bahnmitarbeitern, sondern habe sich für andere Gäste geöffnet. Die Bettenauslastung sei saisonal unterschiedlich. "Ich würde gerne Gäste zwingen, im November zu kommen, aber ich kann es nicht", sagte die Kurdirektorin. Andererseits gebe es Jahreszeiten, "wo ich die Leute schwer unterbringen kann, weil die Bettenkapazitäten erheblich nicht reichen".

Der neue Bebauungsplan setzt auf dem 23 000 Quadratmeter großen Areal des Jodquellenhofs und des Alpamare eine überbaubare Grundfläche von 3800 Quadratmetern fest. Zudem darf ein neues Hotel bis zu 15 Meter hoch sein. Darin wären etwa 400 Betten möglich, allerdings bloß in der Theorie, da solche Quartiere kaum größer als ein Kleiderschrank wären. Realistisch sind eher um die 200. Ansonsten schreibt die Stadt nicht vor, wie ein Neubau aussehen soll: "Ob ein Riegel oder verschiedene Chalets, das ist dem Bauherrn überlassen", erklärte Fürstberger. Reha-Betriebe oder andere Gesundheitseinrichtungen auf dem Gelände zuzulassen lehnt er ab. "Es sollte ein Hotel sein, das sollte man nicht verwässern."

Die Stadträte sprachen sich für ein neues Hotel aus. Derzeit bringe man Tagungsgäste in Tölz nicht in einem Haus unter, sondern müsse sie verteilen, "das ist ein Fleckerlteppich", sagte Josef Steigenberger (CSU). Für Camilla Plöckl (SPD) gehört eine touristische Nutzung zu dem Ensemble mit Wandelhalle, Kurpark und Kurhaus. Lediglich die Grünen votierten gegen den Bebauungsplan. Ihnen ist ein Haus in den erlaubten Maßen zu massiv. "Ich verstehe nicht, warum man mit einer solchen Baumasse reingeht", sagte Andrea Grundhuber. Die Folge sei, dass das Areal mit nötigen Tiefgaragen "ein einziger unterkellerter Bereich" wäre. Außerdem müsste man das Dach "aufständern, wenn man eine Solaranlage integrieren will".

© SZ vom 23.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: