Gemeinde mietet Werk:Kunst to rent

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Vor dem Rathaus in Königsdorf steht das Werk "Besteckkugel" von Otto Süßbauer. Die Gemeinde hat es nicht gekauft, sondern für ein Jahr gemietet. Der Preis wird nicht verraten

Von Claudia Koestler, Königsdorf

"Hinstellen und einfach mal abwarten, was der Buschfunk im Ort so sagt", das war laut Königsdorfs Bürgermeister Anton Demmel der erste Gedanke, wie die Kommune mit ihrem neuen Kunstwerk vor der Rathaustür hätte umgehen können. Doch eine Woche, nachdem vor dem Amtsgebäude die silbern glänzende "Besteckkugel" des Mooseuracher Künstlers Otto Süßbauer installiert wurde, entschieden sich die Verantwortlichen doch dafür, die Sache an die ganz große Glocke zu hängen. Schließlich, sagte Demmel am Dienstag nicht ohne Stolz, beschreite die Gemeinde hier Neuland: Das Kunstwerk ist nämlich nicht käuflich erworben, sondern geliehen.

Löffel, Gabel, Messer aus Edelstahl formte Otto Süßbauer zur Kugel. Das Kunstwerk steht nun ein Jahr lang vor dem Königsdorfer Rathaus. (Foto: Claudia Koestler)

Dass originale Werke aktueller Kunst kostenlos oder gegen geringe Gebühr und befristet ausleihbar sind, kennt man von Artotheken. Doch Träger solcher Artotheken sind meistens Bibliotheken, Kulturämter, Museen oder Kunstvereine. Königsdorf geht nun den umgekehrten Weg und leiht sich als Kommune von seinem Bürger ein Jahr lang ein Kunstwerk.

"Ich finde, es ist ein gutes Zusammenspiel, einfach perfekt", freute sich Demmel über die Kooperation. Zwar sei ihm ein Verkauf seiner Werke "grundsätzlich schon lieber", gab Otto Süßbauer zu. "Aber man muss sich als Künstler eben auch zeigen, und besser, die Kugel steht an einem öffentlichen Gebäude wie dem Rathaus als bei mir versteckt im Ateliergarten." Außerdem sei ja ein späterer Ankauf durch die nun einjährige Leihgabe nicht ausgeschlossen, betonten beide.

Auch wenn Kunst im öffentlichen Raum "inzwischen ja fast zum guten Ton gehört", wie Demmel sagte - für Königsdorf war die Entscheidung, zu leihen statt zu kaufen, die leichtere: "Kunstobjekte kosten Geld, und dann hätten wir im Gemeinderat gleich eine Diskussion um die Finanzen gehabt", befürchtete der Künstler. Die Idee, stattdessen lokale Künstler nicht nur im Rathaussaal zu präsentieren, sondern das Forum bis ins Freie auszuweiten, hatte die Gemeinderätin Marlies Woisetschläger. Sie sprach auch Süßbauers Ehefrau an, ob sich ihr Mann zur Leihgabe bereit erklären würde. "Bis wir uns gefunden haben, hat es gedauert, aber als wir beieinander waren, hat ein Handschlag ausgereicht", beschrieb Demmel. Wie hoch die Leihgebühr ist, darüber schweigen sich beide aus. Nur soviel: "Es ist keine hohe Summe, sondern eine, über die ich als Bürgermeister selbst entscheiden kann."

Anders als bei einem Kauf seien die bürokratischen Hürden im Vorfeld allerdings nicht unerheblich gewesen - denn neben dem Vertrag zwischen Künstler und Gemeinde über die Leih-Modalitäten musste die Besteckkugel auch versichert werden. "Alles Neuland für uns", sagte Demmel, "aber jetzt wiss' ma, wie's geht."

Seit dem Neubau des Königsdorfer Rathauses 2014 habe es im Gemeinderat öfters Diskussionen gegeben, ob das Gebäude auch an der Stirnseite den Schriftzug "Rathaus" brauche. Nun könne die silberne Kugel den Weg weisen: "Sie ist ein Blickfang, unser öffentliches Gebäude erhält durch sie Wiedererkennungswert", freute sich Demmel. Ganz grundsätzlich passe die Besteckkugel zum Rathaus "wie die Faust auf's Auge", sagte er, beide ergäben eine "Symbiose", auch wenn das Rathaus im historisierenden Stil erbaut wurde. Süßbauer stimmte zu: Auch wenn er seine Besteckkugel "nicht mit Paragrafen und Amtsschimmel in Verbindung" brächte ("Gott sei Dank", entfuhr es Demmel), stünden die zusammengeschweißten Messer, Gabeln und Löffel für "ein allgemein verbindendes Thema".

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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