Gemeinde Dietramszell:Kanal voll, Gebühr steigt

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Nach einem Hochwasserschaden wird aus Ascholding seit Mai Tag für Tag tonnenweise Abwasser mit Tanklastern abtransportiert. Eine neue Leitung muss tiefer unter der Isar verlegt werden. Die Kalkulation steht noch nicht

Von Vinzenz Gabriel , Ascholding

Ruhig und routiniert steuert Peter Steingruber den fast zwanzig Meter langen Tanklaster durch die beschaulichen Straßen Aschholdings entlang der Isarstraße auf die Staatsstraße Richtung Bairawies. Bis zu fünf Mal am Tag fährt er diese Strecke. "Ich fahr hier schon bewusst langsam, um die Leute nicht unnötig zu stören", erklärt er gelassen. Seit dem Isarhochwasser Ende Mai, bei dem die unter dem Fluss hindurch verlegte Druckleitung herausgespült wurde, hat Aschholding keine Anbindung an die Kanalisation mehr. Und seit dieser Zeit transportiert Steingruber im Wechsel mit seinen drei Kollegen von der Firma Bauer morgens und abends das Abwasser mit dem Tanklaster ab. Sieben Tage die Woche und das seit nun mehr als drei Monaten.

Mit zwei Fuhren werden 50 Tonnen Abwasser morgens direkt in die Kläranlage nach Weidach in Wolfratshausen gefahren, abends kommt dieselbe Menge nach Bairawies, wo das Abwasser in die dortige Pumpstation abgelassen wird. "Die Verantwortlichen der Kläranlage wollten das so", sagt Steingruber. Wie lange er diese Strecken noch fahren muss, wisse er nicht. Dennoch ist es kein gewöhnlicher Auftrag für den landwirtschaftlichen Dienstleister.

"Wir haben dauerhafte Sonntagsfahrten. Und bei Starkregen, wenn das Regenwasser noch dazukommt, müssen wir auch mal nachts zum Abpumpen anrücken, das ist im Prinzip wie Bereitschaftsdienst", sagt der 48-Jährige. Seit 26 Jahren fährt er beruflich Schwertransporter und nimmt die Fahrerei wie den Auftrag gelassen. Er schätze die Abwechslung, sagt er. "Von mir aus kann es jetzt gerne mal ein Ende haben. Aber das werden sich die Aschholdinger noch viel mehr wünschen."

Peter Steingruber sagt: "Von mir aus kann es jetzt gerne mal ein Ende haben. Aber das werden sich die Aschholdinger noch viel mehr wünschen." (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Dietramszeller Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BDL) beteuert, es werde "unter Hochdruck an einer zeitnahen Lösung gearbeitet". Dennoch, so ihre Einschätzung, werden die Bauarbeiten für eine neue Druckleitung unter der Isar nicht vor Dezember abgeschlossen sein. Das habe mit dem Naturschutz zu tun. "Es müssen vorab aufwendige Untersuchungen durchgeführt und Gutachten erstellt werden, die schon seit geraumer Zeit laufen", schildert Gröbmaier die Lage.

Da der Abwasserkanal im Naturschutzgebiet die Isar unterquert, bedürfen bauliche Maßnahmen der Zustimmung der oberen bayerischen Naturschutzbehörde. Derzeit werden laut Gröbmaier umfangreiche Studien zu den dort lebenden Tier- und Pflanzenarten angestellt. Bisher seien "positiverweise noch keine gefährdeten Arten auf der Fläche entdeckt" worden.

Wichtige Fortschritte hat es aber bereits gegeben. Die Behörden genehmigten Bohrungen, um Bodenproben zu entnehmen, die für die endgültige Planung essenziell sind. Denn die Tiefe von drei Metern, in der die Druckleitung ursprünglich unter der Isar hindurch verlegt war, reicht nicht mehr aus. Zu stark hatte sich der Fluss beim Hochwasser in das Gewässerbett eingegraben. "Laut dem Wasserwirtschaftsamt wird die neue Leitung abhängig von den Bodenproben fünf Meter unter der Isar vergraben werden, vielleicht auch noch einen Meter mehr", erläutert Gröbmaier. Ziel sei es, in der vegetationsarmen Zeit vor dem Frühjahr mit den Bauarbeiten fertig zu werden.

Von hier aus geht's mit dem Abwasser mal nach Wolfratshausen-Weidach, mal nach Bairawies. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Kosten summieren sich derzeit mit jeder Aufschiebung. Mit 20 000 bis 30 000 Euro beziffert die Bürgermeisterin die monatlichen Ausgaben für die Abwasserbeseitigung mit dem Tanklaster. Zur Frage, welche Kosten durch die Baumaßnahmen noch hinzukommen, möchte die Bürgermeisterin noch nichts sagen. Es gebe zu viele Unwägbarkeiten.

Zumindest die baulichen Kosten wird zur Hälfte die Telekom übernehmen, deren Internetleitung in demselben Zuge verlegt wird. Derzeit geht die Gemeinde finanziell nur in Vorleistung, endgültig müssen die betroffenen Bürger für die Kosten aufkommen. "Wasser und Abwasser ist eine selbsttragende Gemeindeeinrichtung. Deshalb werden wir neue Abwasserpreise festlegen müssen", verkündet Gröbmaier. Nach dem Ende der Arbeiten soll daher im Frühjahr eine Kalkulation angestellt werden. "Und das Ganze möglichst bald", sagt die Bürgermeisterin, "damit die Zinsen die Endkosten nicht noch erhöhen."

Die Kosten setzen sich zusammen aus dem Herstellungsbeitrag und der Abwassergebühr. Dafür müssen aber nicht nur die Aschholdinger aufkommen. Auch die Haushalte der Ortsteile Einöd, Bairawies und Hechenberg sind rechtlich an die Kanalisation angebunden und werden beteiligt werden. Laut Einwohnermeldeamt in Dietramszell leben in den insgesamt vier Ortsteilen derzeit 922 Einwohner.

Tanklastfahrer Steingruber sieht die ganz Angelegenheit skeptisch. Rund 35 Liter Sprit verbrauche der Tanklaster auf 100 Kilometer, sagt er. Täglich lege er rund 70 Kilometer für den Abwassertransport zurück. Er denkt: "Einerseits werden aus Umweltgründen die Baumaßnahmen so weit nach hinten verschoben, andererseits muss dafür täglich der Lkw so weit fahren. Ganz umweltgerecht ist das auch nicht."

© SZ vom 26.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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