Gelungener Auftritt:Ubi bene, ibi Bavaria

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Björn Puscha hat seine Lateinkenntnisse und das Bairische im Gymnasium erworben, jetzt bringt er beide Sprachwelten kabarettistisch nahe. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Kabarettist Björn Puscha begeistert mit seinem außergewöhnlichen Latein-Kabarettprogramm in der Tölzer Alten Madlschule

Von Christa Gebhardt, Bad Tölz

Des Lateinischen nicht mächtig sind circa 70 Prozent des Publikums per Handzeichen, der Rest der einstmals humanistisch Gebildeten in der Alten Madlschule sind längst mit ihrem Latein am Ende. Ein Quantum Trost spendet der Kabarettist Björn Puscha in seinem ersten Soloprogramm "Latin Lover" dann aber umgehend, denn einige wichtige Wörter sind ja bereits bekannt wie natura (Natur) oder nebula (Nebel).

An der an sich naturgegebenen caesarenhaften Haltung des bayerischen Volks muss allerdings noch etwas gearbeitet werden, und das exerziert Björn Puscha im ersten Teil seines Programms. Sind doch Latein und Bairisch die zwei einzig göttlichen Sprachen in der Weltgeschichte, was sehr leicht am Exempel zu statuieren ist. So ist jedem Bayern klar, dass ein Spatenbier nicht trinkbar ist ("des Drecksbier kannst net saffa"). Mittels Gerundiv von trinken (passives Verbaladjektiv = trinkbar) und dem Gerundium (substantivierter Infinitiv= das Trinken) kommt jeder ganz einfach zur lateinischen Übersetzung "Ista cervisia non bibenda".

Seine Lateinkenntnisse und das Bairische hat Björn aus Burgenhausen seinem norddeutschen Vornamen zum Trotz im örtlichen Gymnasium und dann im Studium erworben, komödiantisch erprobt, eher zufällig als geplant, auf den Bühnenbrettern im Vereinsheim Schwabing und bald darauf in der gleichnamigen Sendung im Bayerischen Rundfunk.

Vielleicht will das Bayerische Kulturministerium in einer Geheimaktion mit Björn Puscha dem heutigen Lateinverdruss entgegenwirken, ganz sicher aber füllt er eine Lücke in der Kabarettszene, denn Puscha ist nicht politisch, nicht satirisch, nicht moralisch belehrend, und schon gar nicht derb unter der Gürtellinie unterwegs. Er ist einfach lustig und gern hört man ihm zu. Dass er Witze machen kann, zeigt das blonde Gegenteil eines Latin Lovers im Schlabber-T-Shirt, in Jeans und mit Strohhut schon vor der Pause. Im zweiten Teil danach entpuppt er sich als Sprech- und Sprachtalent wie auch als unterhaltsamer Geschichtenerzähler.

Inzwischen hat er nämlich bei seiner Durchreise durch den Kosmos der mythischen Götterwelt der Römer den göttlichen Jupiter in Gestalt eines riesigen Stiers getroffen. Der allerdings, ein Versager beim Schafkopfen mit Jesus und Aphrodite, spricht mit einer ziemlich überraschend hohen Fistelstimme mit ihm in der wahrhaft allergöttlichsten Sprache, dem Boarischen und der "Tschuppi" versetzt ihm kraft seiner noch vorhandenen göttlichen Potenz in die Zeit der Iden des März, 44 vor Christus. Es ist genau der Zeitpunkt, zu dem Caesar (sprich: Kaisar) ermordet werden soll, unter anderem auch von Brutus (aus dem Lateinischen übersetzt: der Depp) und zwar im Senat, dem Herrschaftsbereich seines Erzfeindes Pompeius - was ungefähr dasselbe war, als wäre Uli Hoeneß von seinen Getreuen in der Allianz Arena vor den Augen der Bayernfans erstochen worden.

Bevor aber Björn, kleidsam gewandet in Toga und Römersandalen, das Attentat zu verhindern sucht, schleicht er durch die ärmlichen Viertel des antiken Roms, erzählt von deren prekären Lebensumständen, die nichts gemein haben mit dem luxuriösen Leben in den prächtigen Villen der Herren auf den Hügeln Roms. Und er erzählt von deren gemeinsamen Sehnsüchten nach Sensation und Vergnügen, was sich auch nicht wesentlich unterscheidet von den heutigen, wie Puscha anschaulich zu berichten weiß.

Schauplatz Circus Maximus: 150 000 Menschen fügen sich zu einer aufgeputschten Menge, die nach den charismatischen Stars des Wagenrennens verlangt. Die Stimmung beschreibt Puscha wie auch den Ort selbst, die aufgeregten weiblichen Fans, das Servicepersonal (die Sklaven), die Prätorianer, (Security), die Hallodris im Wettblock, ("do hob i mei letzte Sesterze gsetzt"), und das Rennen selbst, das mit seinen konkurrierenden Wägen die Menge aufteilt in Fans und feindliche Gegner wie heute auch im Stadion.

Da ist die römische Geschichte sehr lebendig und gerne singt das Publikum das lateinische Lied mit, das dem geschlagenen Favoriten Mut zusprechen soll: "Numquam ibis solus", besser bekannt als "You never stand alone".

Das Attentat am "Kaisar" kann der Björn dann aber doch nicht verhindern. Der Gemeuchelte aber stellt sich als Verwandlung des antiken Caesars heraus: Es ist in Wirklichkeit Tschuppi, der Stier, der als ewig göttliche Inkarnation auch heute noch immer einen vierten Mann zum Schafkopfen braucht. Und da ist der Björn, allen römischen Fake News zum Trotz immer gerne bereit. Sein großes "Gratia vobis ago", sein Dankeschön ans Publikum in der Alten Madlschule wird herzlich zurückgegeben mit einem langen heiteren Applaus.

© SZ vom 13.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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