Gelungene Aufführung:Neues zum Thema Weihnachten

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Kantorin Elisabeth Göbel leitete den Chor und die Instrumentalisten mit klarem, federndem Schlag. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Johanneskantorei gestaltet den Gottesdienst zum zweiten Weihnachtsfeiertag mit Vivaldis "Gloria"

Von Reinhard Szyszka, Bad Tölz

Ist nicht schon alles gesagt? Mit dieser rhetorischen Frage eröffnete Heiner Aldebert, der frühere Gemeindepfarrer von Icking und jetzige Theologie-Professor in Erlangen, seine Predigt zum zweiten Weihnachtsfeiertag in der evangelischen Johanneskirche in Bad Tölz.

Ähnlich könnte man fragen, ob nicht auch musikalisch zum Thema Weihnachten alles gesagt ist. Die zahllosen Weihnachtslieder von "Es ist ein Ros' entsprungen" bis hin zu "Jingle Bells", die spätestens seit November durch alle Kaufhäuser dudeln, die alljährlich wiederkehrenden Aufführungen des Weihnachtsoratoriums und der bekannten Weihnachts-Concerti können eine Übersättigung hervorrufen, die bewirkt, dass sich mancher Musikfreund auf die Walzer und Polkas des Neujahrskonzerts freut.

Dennoch hat es Dekanatskantorin Elisabeth Göbel gewagt, den Gottesdienst zum zweiten Feiertag musikalisch auszugestalten. Mit einem Werk, das man nicht unmittelbar mit Weihnachten in Verbindung bringt, obwohl der Textanfang der Weihnachtsgeschichte entstammt: Vivaldis "Gloria".

Mit dem letzten Glockenschlag gab die Dirigentin den Einsatz. Schwungvoll und spritzig leitete sie das bekannte Werk, mit klarem, federndem Schlag, und sie hatte die Instrumentalisten und den Chor fest im Griff. Das Kammerorchester war winzig, mit je einer ersten und einer zweiten Violine, aber das genügte vollkommen und erzeugte einen schlanken, kammermusikalischen Klang.

Auch der Chor zeigte sich beim Eingangssatz von seiner besten Seite und sang mit klarem, ausgeglichenem Ton, dabei sauber in der Intonation und textverständlich. Die weiteren Nummern des Werks waren über den Gottesdienst verteilt, wobei diejenigen Teile entfielen, die eine Alt-Solistin benötigt hätten.

Beim zweiten Satz "Et in terra pax" zeigte der Chor Schwächen. Die hochchromatische, polyphone Musik, die manchmal sogar mit Bachs h-Moll-Messe verglichen wird, ist für alle Stimmlagen anspruchsvoll. Insbesondere die Tenöre taten sich hörbar schwer, was weniger den Sängern selbst anzulasten ist als dem Umstand, dass der Tenor, wie bei fast allen Laienchören, unterbesetzt ist. Um gegen die anderen Stimmen bestehen zu können, verlegten sich die Tenöre aufs Forcieren, zu Lasten des Gesamtklangs. Doch dies blieb Episode.

Auch bei "Domini fili unigenite" und bei der abschließenden Doppelfuge "Cum sancto spiritu" gibt es markante Tenorpassagen, die aber mit rundem und gut gestütztem Ton tadellos erklangen. Die früheren Schwachstellen waren da schnell vergessen.

Pfarrer Aldebert hatte seine ausgedehnte Predigt so gegliedert, dass sie zweimal von Musikstücken unterbrochen wurde: zuerst vom Gemeindechoral "Lobt Gott, ihr Christen alle gleich", dann von der Sopran-Arie "Domine Deus". Die Tölzer Sopranistin Veronika Jetter gestaltete die Arie mit angenehmer, gut geführter Stimme, die gelegentlich mit der Solo-Oboe zum Duett verschmolz.

Die zahlreich erschienenen Gottesdienstbesucher verzichteten natürlich, dem Anlass entsprechend, auf Zwischenapplaus. Umso größer und einhelliger war dann der Beifall, als der letzte Ton des "Gloria" verklungen war. Man kann der Kantorin zu ihrer Idee, gerade dieses Werk einzustudieren und in der Weihnachtszeit aufzuführen, nur gratulieren. Es ist eben doch noch nicht alles zum Thema Weihnachten gesagt, weder in geistlicher noch in musikalischer Hinsicht.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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