Fuad Ibrahimov am Pult:Die Ouvertüre zum Schluss

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Galant und kokett: Carsten Carey Duffin überzeugt bei Strauss' Hornkonzert mit einem schlanken, klaren Ton. (Foto: Hartmut Pöstges)

Neue Philharmonie München präsentiert in der Loisachhalle ein Programm der Kontraste

Von Ulrich Möller-Arnsberg, Wolfratshausen

Ein Konzert, dessen Programm Türen in komplett verschiedene musikalische Richtungen aufgestoßen hat: So mutete der Abend an, den die Neue Philharmonie München am Freitagabend zum Herbstanfang in der Loisachhalle veranstaltete. Franz Schuberts "Unvollendete" machte den Anfang. Das wirkte wie ein Aufruf, die Kultur nicht zu vergessen. Oder begann Fuad Ibrahimov, der die 46 aus ganz Europa angereisten Musikstudenten dirigierte, mit dieser Symphonie, weil sie wie eine Art gemeinsamer musikalischer Nenner für alle Mitspieler funktionierte? Vielleicht.

Zumindest ging er damit unverblümt in medias res. Nun war jeder Zuhörer im Saal wachgerüttelt. Und die Neue Philharmonie München, 2005 gegründet und seit einigen Jahren für junge studierende Profis zugeschnitten, hatte einen durchaus beeindruckenden Schubert gespielt, der sich allerdings an späterer Stelle im Programm an Farbe und Spannung vielleicht noch plastischer entwickelt hätte.

Die zweite Tür eröffnete die Welt von Richard Strauss. Dessen frühes Hornkonzert - selten zu hören - geriet zu einem launig-kurzweiligen Dreiteiler. Carsten Carey Duffin, Solohornist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, zog die Linien seiner Partie im eröffnenden Allegro und darauffolgenden Andante mit schlankem, klarem Ton, ohne zu sehr zu romantisieren. Die Triolen im abschließenden Allegro stieß er galant und kokett aus seinem Horn, ohne dieses Finale zu zerschmettern. Ein Strauss von erfrischendem Esprit, leicht und transparent.

Die dritte Tür führte zu Richard Wagner, zu seiner Komposition Siegfried-Idyll, die er 1870 seiner Frau Cosima als Geburtstagsständchen zugedachte. Den beginnenden Streichersatz setzte Dirigent Fuad Ibrahimov zu stark, zu konkret. So tat sich mit den später einsetzenden Bläsern nicht die blühende Wirkung auf, wie sie vom Komponisten gedacht war. Es war zweifelsohne der am wenigsten gelungene Teil des Abends.

Umso erfreulicher geriet die "Sommernachtstraum-Ouvertüre" von Felix Mendelssohn-Bartholdy, zu der die letzte Tür des Programms führte. Dieser Mendelssohn hatte den Feinsinn in den filigranen Streicherpassagen, der Schuberts "Unvollendeter" am Anfang noch fehlte. Vielleicht wäre es umgekehrt gewesen, hätte die Ouvertüre den Anfang gemacht und die "Unvollendete" den Schluss. Aber effektvoller als mit dem zarten Schluss der Holzbläser, die zwischenzeitlich mit einigen Intonationstrübungen auffielen, jetzt aber perfekt zusammenstimmten, konnte der Abend nicht enden. Und Ibrahimov hatte einige zauberhafte Sequenzen aus der Partitur herausgearbeitet.

Bravi folgten, Getrappel mit den Füßen und begeistertes Jauchzen. Und das soll was heißen nach so einer langen Zeit der Konzertabstinenz. Vor allem aber ist es den Veranstaltern anzurechnen, dass sie sich für jene Hygiene-Variante entschieden hatten, bei der für genügend Abstand gesorgt war, so dass die Gäste während des Konzerts am Platz die Maske abnehmen konnten. Denn Zuhören mit Nasenfreiheit ist doch noch ein ganz anderer Genuss als ohne.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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