Freund und Helfer:Zurück zum Kerngeschäft

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Er könne "offen auf die Leute zugehen", sagt Franz Schöttl - eine gute Voraussetzung für seinen neuen Job als Chef einer Dienststelle. (Foto: Hartmut Pöstges)

Franz Schöttl ist neuer Leiter der Polizeiinspektion Geretsried. Zuletzt war der Lenggrieser im Präsidium Oberbayern beschäftigt. Er freut sich darauf, wieder näher an den eigentlichen Aufgaben dran zu sein

Von Felicitas Amler, Geretsried

Ein beliebter Topos im Krimi ist der frustrierte Polizist, der es nicht aushält, dass er der schlimmsten Ganoven nicht habhaft werden, die meisten Probleme nicht ändern und überhaupt die Kriminalität nicht aus der Welt schaffen kann. Im Thriller nimmt so ein Polizist die Dinge gern mal selbst in die Hand. Franz Schöttl kann das nicht nachvollziehen. Der 56-jährige Erste Polizeihauptkommissar hat klare Vorstellungen von sich und seiner Arbeit: "Die Grenzen der Rechtsstaatlichkeit sind mir das Wichtigste. Und dass ich alles getan habe; den Part, der mir zugewiesen ist, bestens erfüllt habe. Damit ist es aber auch gut." Wie gut ihm das auf seinem neuen Posten gelingt, kann er noch nicht sagen: Schöttl ist gerade mal drei Wochen neuer Leiter der Polizeidienststelle Geretsried. Es ist der Job, den er haben wollte, jetzt, da er noch fünf Jahre bis zur Rente vor sich hat: Zurück zu den Wurzeln, so nennt er es. "Das Kerngeschäft - es hat mich gereizt, das noch einmal zu machen." Auch Personalführung sei eine interessante Aufgabe für einen wie ihn, der "offen auf die Leute zugehen" könne, aber auch gern Entscheidungen treffe.

Schöttl war zuletzt im Polizeipräsidium Oberbayern Süd Sachgebietsleiter für Grundsatzfragen zur Kriminalitätsbekämpfung. Begonnen hatte er seinen beruflichen Weg nach der Ausbildung bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei als junger Polizist in Geretsried. So schließt sich für ihn ein Kreis. Und er kommt beruflich wieder in seiner Heimat an. Denn Schöttl stammt aus Lenggries, wo er eine Familie gegründet und zwei Kinder groß gezogen hat. Er lebt dort gern, geht Bergsteigen, Fischen in der Isar oder im Sylvensteinsee, engagiert sich in der CSU und als Zweiter Bürgermeister. Auf den Fotos seiner Kandidatenaufstellung für den Gemeinderat sieht man ihn im Trachtenjanker - gewissermaßen die Uniform des konservativen Politikers im bayerischen Oberland.

Die Berufsuniform habe er seit mehr als zwanzig Jahren nicht getragen, sagt Schöttl; jetzt aber zeige er sich gern wieder damit. So kommt er auch zum Interview in dem neuen Blau der bayerischen Polizei - mit je fünf Silbersternen auf den Schulterpassen. Dergleichen sei ihm nicht so wichtig, sagt er: "Ich bin nicht kraft meiner Sterne Dienststellenleiter, sondern wegen meiner Erfahrung." Und Erster Polizeihauptkommissar sei er ja schon lang. Die Leitung der Dienststelle sei daher für ihn keine Beförderung.

Schöttl hatte es in seinem Berufsleben mit allen möglichen Straftaten zu tun: Tötungs- und Sexualdelikte, auch "Weiße-Kragen-Kriminalität". Er hat in Führungspositionen gearbeitet, als Dienstgruppenleiter bei der Inspektion Wolfratshausen und als Leiter der damaligen Polizeidirektion in Weilheim. Bei der Kripo war er zunächst Sachbearbeiter für Wirtschaftskriminalität, dann stellvertretender Kommissariatsleiter. Zuletzt, als Sachgebietsleiter Kriminalitätsbekämpfung im Präsidium, war es vor allem seine Aufgabe, Weisungen des Innenministeriums für die regionalen Kriminaldienststellen umzusetzen.

Nun sei er wieder viel näher dran an den Themen und Menschen, sagt er. Verkehrsunfälle, Familienstreit, Körperverletzung - das sei so das Spektrum, mit dem die Schutzpolizei alltäglich konfrontiert werde. Der Chef spricht mit großem Respekt vor seinen Mitarbeitern, die Tag für Tag draußen unterwegs sind, "viele junge Leute, aber auch erfahrene Polizisten": "Ich ziehe nach wie vor den Hut vor diesen Kollegen." Sie leisteten einen der anspruchsvollsten Jobs. Man wisse als Schutzpolizist nie, was einen erwarte, müsse Situationen sehr schnell einschätzen und Maßnahmen ergreifen.

Dass es einen auch mal bös erwischen kann, hat einer der Geretsrieder Polizisten leidvoll erfahren: Nach der Sonnwendfeier auf der Geretsrieder Böhmwiese hatte ein junger Mann einen Masskrug auf einen 38-jährigen Polizisten geworfen. Der Krug traf den Beamten im Oberkörperbereich, er musste schwer verletzt im Krankenhaus behandelt werden. Das geschah vor Schöttls Amtsantritt in Geretsried, aber mit einer der Reaktionen darauf hatte er bereits zu tun: Beim traditionellen Fest der Griechischen Gemeinde entschuldigten sich der Vorsitzende und der Erzpriester für den Vorfall, da der Straftäter ein in Deutschland aufgewachsener Grieche ist. Schöttl zeigt sich sehr beeindruckt von dieser Haltung, obwohl er selbst sagt, die Nationalität habe bei der Tat gar keine Rolle gespielt. Den Kontakt zur Griechischen Gemeinde hat er jedenfalls nun, genauso wie den zur Feuerwehr, wo er schon in seiner neuen Funktion aufgetreten ist. Den Bürgermeister "seiner" neuen Stadt kennt Schöttl ohnedies gut: Michael Müller ist Parteifreund und Kollege im Kreistag. Über die speziellen Geretsrieder Themen will er sich mit ihm noch unterhalten. Der neue Karl-Lederer-Platz, die modellartige Bebauung des Lorenz-Areals und die geplante Verlegung der B 11: "All das interessiert mich natürlich auch."

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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