Freiwilligendienst:Weltenbummeln für den guten Zweck

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Nach seinem Abitur ging es für den Geretsrieder Jakob Schlosser nach Indien, wo er einen Freiwilligendienst absolvierte und Englisch lehrte. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der 19-jährige Jakob Schlosser aus Geretsried hat ein Jahr lang in Südindien gearbeitet. In dem Land der Gegensätze sei er an Grenzen gestoßen, habe aber auch gelernt, dankbar zu sein

Von Laura Geigenberger, Geretsried

Exotische Gerüche, drückende Hitze, schallender Lärm. Auf der Straße hupen Tuk-Tuks um die Wette und überall Menschen, so viele Menschen. "Am Anfang war ich total geflasht", erinnert sich der Geretsrieder Jakob Schlosser an seine ersten Eindrücke in Indien. "Eigentlich bin ich den ganzen ersten Monat nicht mehr aus dem Staunen herausgekommen."

Fast ein ganzes Jahr - von September 2017 bis zum vergangenen August - lebte Schlosser in Keela Eral, einer Ortschaft im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu. Dort engagierte er sich vorrangig im College der "Salesianer Don Boscos", einer christlichen Ordensgemeinschaft, wo er Kinder und Jugendliche betreute und ihnen in der Schule Englisch beibrachte. "Wir - meine Mitvolontäre und ich - haben die Kinder durch ihren Tag begleitet", erzählt er. "Vom Wecken bis zur 'Good Night', dem letzten Gedanken vor dem Schlafengehen, - waren wir immer mit dabei. Die Kinder haben uns wohl deshalb auch als Bezugspersonen angesehen."

Schlosser zupft den Kragen seines blauen T-Shirts zurecht. Der Geretsrieder ist gerade einmal 19 Jahre alt, hat erst im vergangenen Jahr sein Abitur bestanden. Er wirkt reif für sein Alter, erzählt aber nur vorsichtig, fast schon schüchtern, über sich selbst. Sobald jedoch der Freiwilligendienst zur Sprache kommt, beginnen seine Augen hinter den Brillengläsern zu leuchten. Heimweh habe er nie gehabt, meint er, im Gegenteil: "Zu Hause war für mich unendlich weit weg. Fast schon wie in einer anderen Welt." Umso intensiver empfand er die Erlebnisse, die er in dieser Zeit machte. "Ein Jahr dort verändert dich." Der Blick des 19-Jährigen wird nachdenklich. "Du siehst und erfährst viel." Indien, ein Land der Gegensätze, ist auch von Armut geprägt. Man lerne somit schnell, auch für die kleinen Freuden des Lebens dankbar zu sein, sagt Schlosser. Dadurch werde man reifer - und selbständiger sowieso. "Man stößt jeden Tag an seine Grenzen und lernt, sich durchzuschlagen."

Alleingelassen in dem fremden Land habe er sich indes nie gefühlt. "Unglaublich offen" sei er aufgenommen worden, sowohl von den christlichen Ordensbrüdern als auch von hinduistischen Indern, die ihn sogar als Gast in ihre Tempel einluden. Zum Alltag in der Gemeinschaft gehörte unter anderem auch die Teilnahme an christlichen Gottesdiensten und Feiern. Das hat das Gefühl von Zusammenhalt laut Schlosser noch verstärkt. Auch wenn "Religion dort schon ein Thema" sei, habe er es nicht als streng empfunden. "Weihnachten feiert man zum Beispiel ganz anders. In Indien versteht man es als eine Party", lacht er. "Und vor allem ist es eines: unglaublich kitschig."

Unfassbar schnell verging laut Schlosser das Jahr. Nun hat der Geretsrieder bereits den nächste Lebensabschnitt begonnen: Er studiert an der Universität Regensburg Physik im ersten Semester. Ab und zu kommt er trotzdem noch zurück in die Heimat. Er möchte sich weiter engagieren, absolviert daher für die Kolpingsfamilie, die ihm einen Teil seines Auslandsjahres sponserte, einen Gruppenleiterkurs. Aber nach allem, was er zuvor in Indien erlebt habe, sei der Umzug in die Oberpfalz dann doch "recht undramatisch gewesen."

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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