Fotos von Josée Lamarre:Ansteckende Lebensfreude

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Daniela liebt ihr Fahrrad. Ein Porträt der Wolfratshauser Fotografin Josée Lamarre, zu sehen in Benediktbeuern. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Ausstellung "Liebenswertes Leben" kommt nach fünf Jahren in den Landkreis zurück

Von Sally-Victory Jüssen, Benediktbeuern

Eine Frau steht auf einem Balkon und lacht aus tiefstem Herzen. Lässig lehnt sie am Geländer. Die Sonne scheint, es ist ein warmer Tag, die Porträtierte trägt ein kurzärmliges Shirt. Bei näherem Betrachten der Schwarz-Weiß-Fotografie fällt auf, dass die Frau mit dem Gendefekt Trisomie 21 lebt, bekannt als Down-Syndrom. Das Chromosom 21 ist in ihren Körperzellen anstatt doppelt also dreimal vorhanden. Das Bild ist eines von 20 monochromen Porträts, die derzeit unter dem Titel "L(i)ebenswertes Leben" in Benediktbeuern zu sehen sind.

Die facettenreichen Fotografien stammen von der Wolfratshauserin Josée Lamarre. Auch die emotionalen Texte unter den Bildern hat sie geschrieben. Bereits seit fünf Jahren ist die Ausstellung der gebürtigen Kanadierin deutschlandweit unterwegs. Um die Porträtierten und ihre Angehörigen in ihrer vertrauten Umgebung zu erleben und einen Einblick in ihren Alltag zu bekommen, habe sie viele Stunden mit ihnen verbracht, erzählt die Fotografin. "Ich möchte die Menschen zeigen, wie sie sind und wie sie leben." Für sie sei das eine intensive Erfahrung gewesen, sagt Lamarre. "Es war bisher mein schönstes Projekt."

Die Fotografien zeigen Säuglinge, Kinder und Erwachsene in ganz unterschiedlichen Situationen: Eine junge Frau sitzt vergnügt auf einem Fahrrad, ein Mädchen füttert Hühner. "Sie wollen zeigen, dass sie glücklich sind und ein großes Herz haben und dass sie viel Spaß haben bei allem, was sie tun", sagt Patricia Vogl, die Initiatorin der Wanderausstellung.

Auch stille Momente hat Lamarre eingefangen. Auf einem Bild sitzt Martin im Schneidersitz vor einem Holzstapel, den Kopf auf die Arme gestützt. Sein Blick geht in die Ferne. Neben dem Foto steht ein Zitat des Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi: "Ich bin durch mein Herz, was ich bin."

Die Organisation der Ausstellung hat Rita Wagner vom Verein "Down Kind München" übernommen. Mit den Worten "Ihr seid im Mittelpunkt" leitet sie die Vernissage in der Katholischen Stiftungshochschule (KSH) ein, zu der auch einige "Models" gekommen sind. Wagner hat eine Tochter, die mit dem Down-Syndrom lebt. "Die Porträts bringen die Menschen zum Sprechen", sagt sie. Ihr liege es am Herzen, den Betroffenen Aufmerksamkeit zu geben. Die Diagnose des Gendefekts sei "nicht das Ende der Welt". Im Gegenteil: Ihre Tochter lehre sie Dinge zu sehen, die ihr zuvor verborgen geblieben waren.

Mit der Fotoausstellung möchte Rita Wagner deutlich machen, wie reich und erfüllt das Leben mit Down-Syndrom sein kann. Zugleich fordert sie mehr Inklusionsangebote in Bayern. In der Debatte, ob genetische Bluttests auf Chromosomen-Abweichungen bei Ungeborenen als Kassenleistung anerkannt werden sollen, hat sie eine klare Position: "Ich möchte die Chance aufs Leben geben."

Die Fotoausstellung "L(i)ebenswertes Leben" ist bis Sonntag, 21. April, im Hauptgebäudes der KSH Benediktbeuern (1. Stock) zu sehen. Geöffnet täglich 8 bis 18 Uhr, Eintritt frei

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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