Europawahl regional:In Spanien sind die Tage länger

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Warum Manuela Kempf sich die tägliche Siesta abgewöhnen musste

Von Suse Bucher-Pinell

28 Mitgliedsstaaten hat die Europäische Union, als vorerst letztes Land kam 2013 Kroatien dazu. Am 25. Mai dürfen gut 507 Millionen Menschen die 751 Abgeordneten des Europa-Parlaments neu wählen. Die Grenzen sind offen, wer will, kann sich in einem anderen Land der EU Wohnung und Arbeit suchen. Menschen aus den meisten Mitgliedsstaaten leben auch im Landkreis. Die SZ stellt einige von ihnen vor.

Manuela Kempf (Foto: man) übersiedelte vor 14 Jahren der Liebe wegen von Valencia nach Deutschland. Sie lebt in Reichersbeuern und kennt etliche Landsleute in München, allerdings keine im Landkreis. Das mag eher daran liegen, dass sehr wenige hier wohnen, als an mangelnder Kontaktfreude der Spanier. "In Spanien gehst du irgendwo hin und beim zweiten Mal wird gefragt, ob du mitkommst zum Kaffeetrinken", erzählt die 38-Jährige. Die Deutschen hat sie als "ein bisschen verschlossen" kennengelernt. "Ein super Kontrast ist das", sagt sie. Mit der Erfahrung aus ihrer Heimat meldete sie sich in Deutschland zu einem Yogakurs an, doch auch nach vielen Treffen war die Situation immer noch dieselbe: "Er war zu Ende, alle gingen raus und waren blitzschnell weg."

Leute lernte sie so nicht kennen. Kontakt bekam sie dann über die Kinder, was doch zu einem "sehr schönen Freundeskreis" geführt habe, erzählt sie in fast perfektem Deutsch, so atemberaubend schnell wie sie auch ihre Muttersprache spricht. Denn auch im Reden unterscheiden sich die Völker. Spaniern falle es schwer, langsam zu sprechen, anders als den Deutschen. Deren Sprache brauche kein Tempo. Manuela Kempf gibt an der Tölzer Volkshochschule Kurse in Spanisch, in ein paar Tagen schließt sie ein Fernstudium in Tourismus ab.

Mit ihrem Zuhause und der Familie steht sie dennoch eng in Verbindung, liest spanische Zeitungen im Internet, schickt Whats-App-Nachrichten und telefoniert täglich mit ihrer Mutter. Wenn sie erzählt, dass ihre Tochter demnächst morgens um kurz nach 7 Uhr mit dem Bus zur Schule fahren muss, könne sich das in Spanien keiner vorstellen. Dort beginne die Schule um 9 Uhr, dauere aber bis zum Spätnachmittag, inklusive langer Pause und Mittagsschlaf für die Jüngeren. Der ganze Tagesablauf sei ein anderer. "In Spanien sind die Tage länger", sagt sie und meint damit, dass man abends erst gegen 21 Uhr zu Abend isst. Keine Brotzeit wie hierzulande, sondern eine zweite warme Mahlzeit. Fisch mit Gemüse zum Beispiel, etwas Leichtes.

Nach jedem Spanienurlaub ist Manuela Kempf davon wieder so begeistert, dass sie diese Gewohnheit gern mit nach Reichersbeuern nimmt, wenigstens für eine Weile. Ans Frühstücken hat sie sich nicht gewöhnt, in Spanien geht man mit leerem Magen aus dem Haus, mittags wird warm gegessen, danach Siesta gehalten. Als Manuela Kempf noch zu Hause lebte, ging sie in der Mittagspause zu ihrer Mutter zum Essen und ruhte anschließend kurz, um von 16 bis 18 Uhr noch einmal zur Arbeit zu gehen. Viele praktizieren das so, auch ihr Bruder. Doch die Zeiten änderten sich, Spanien passe sich europäischen Gewohnheiten an.

Einem gemeinsamen Europa steht sie positiv gegenüber. "Es ist aber noch ein großer Weg, der vor uns liegt", sagt sie. Wählen will sie. In Spanien. Einfach, weil sie die Frist für die Anforderung der Unterlagen bei der Gemeinde verpasst hat und das spanische Konsulat einen späteren Termin dafür hatte.

© SZ vom 10.05.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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