Erschreckende Bilanz:Mehr Hasch, mehr Kokain

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Michael Hanfstengl, Fachdienstleiter Caritas-Suchtambulanz. (Foto: Manfred Neubauer)

Suchtberatung wegen steigender Drogendelikte verlängert

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Zahl der Rauschgiftdelikte hat im Landkreis zugenommen. Seit 2009 stieg sie mit einigen Schwankungen, aber stetig auf 304 Fälle im vergangenen Jahr an. Gegenüber 2017 ist dies eine Zunahme um etwa 18 Prozent. Allerdings zeichnet diese Statistik nicht das ganze Bild. "Sie müssen diese Zahl deutlich höher einschätzen", sagte Thomas Loy, Leiter des Kommissariats für Rauschgiftbekämpfung bei der Kriminalpolizei Weilheim, im Ausschuss für Jugend und Familie des Kreistags. Die Drogenkriminalität sei "in den letzten Jahren deutlich mehr geworden". Die Mitglieder des Ausschusses stimmten deshalb ohne weitere Debatte zu, die zweite Halbtagesstelle in der Jugendsuchtberatung der Caritas um weitere drei Jahre bis Ende 2022 zu verlängern.

Das unstete Auf und Ab in den Zahlen des Sicherheitsberichts erklärte Loy unter anderem mit Großereignissen wie dem G 7-Gipfel auf Schloss Elmau oder auch aufsehenerregenden Taten wie dem Mordfall Höfen. Für ein paar Monate werden Kriminalbeamte in solchen Fällen abgezogen, weshalb die Rauschgiftbekämpfung ein wenig in den Hintergrund tritt. Außerdem werden nur von der Polizei angezeigte Drogendelikte erfasst. Die Dunkelziffer liegt somit um einiges höher. Gehandelt wird vor allem mit Kokain und Marihuana, kaum hingegen mit Heroin und weniger mit Amphetaminen. Bei circa 40 Prozent der Täter handelt es sich um Jugendliche und junge Erwachsene, unter den Konsumenten nimmt vor allem die Gruppe der 15 bis 16 Jahre alten Deutschen zu. Außerdem steigt die Zahl ausländischer Dealer erheblich an. Die Frage von Kreisrätin Susanne Merk (FW), ob die Kripo genügend Personal habe, beantwortete Loy mit einem klaren Nein. Um die Drogenkriminalität sinnvoll zu bekämpfen, "könnte ich problemlos zehn bis 15 weitere Beamte beschäftigen", sagte er. Für Präventionsarbeit bleibe kaum Zeit.

Dies leistet die Caritas im Landkreis mit ihrer Jugendsuchtberatung. Sie hat Beratungsangebote wie psychosoziale Diagnostik, Vermittlungen, Stellungnahmen und Hilfen für Angehörige in ihrem Programm, außerdem bietet sie Projekte wie "Halt" ("Hart am Limit", gegen Alkoholsucht) oder auch "Fred" (Frühintervention bei erstmaligen Drogenkonsumenten) an. Die Klientenzahlen bewegten sich weiterhin "auf sehr hohem Niveau", sagte Michael Hanfstengl, Fachdienstleiter der Caritas-Suchtambulanz. Die Beratungsstunden für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 14 bis 21 Jahren nehmen kontinuierlich zu: von 782 im Jahr 2008 auf 1260 im Jahr 2017 und 1365 im Vorjahr. "Sie haben sich annähernd verdoppelt", so Hanfstengl. Gäbe es noch mehr junge Kunden, könnte man das so nicht mehr bewältigen.

2011 wurde die Halbtagesstelle in der Jugendsuchtberatung auf zwei erweitert. Bezahlt werden beide Jugendsuchtberater zu gleichen Teilen vom Landkreis und dem Bezirk Oberbayern, eine Teilzeitstelle kostet knapp 42 000 Euro pro Jahr. Die meisten ihrer Fälle bekommt Claudia Köpferl über die Jugendgerichtshilfe. Sie kooperiert mit der Heckscher Ambulanz in Wolfratshausen, wo junge Suchtkranke diagnostiziert werden, vermittelt sie gegebenenfalls auch in stationäre Therapie-Einrichtungen, was zum Beispiel ein Arzt nicht darf, arbeitet mit dem Jugendamt zusammen, begleitet ihre Kunden auch zum Arbeitgeber oder hilft den Angehörigen, vor allem Eltern. Vieles geschehe "im Zwangskontext", sagte Köpferl. "Viele Jugendliche kommen zu uns und sagen nicht viel." Auf Nachfrage der Gleichstellungsbeauftragten Karin Weiß erklärte die Jugendsuchtberaterin, dass nur etwa zehn Prozent ihrer Klienten weiblich seien. Ein Grund: "Die Jungs konsumieren risikofreudiger."

© SZ vom 29.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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