Erlös für Kirchenrenovierung :Unterseeische Traumwelt im Kloster

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Öffnung für die Kunst: Tradition trifft Moderne bei der ersten Ausstellung im Kloster Reutberg. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Sachsenkamer Malerinnen Ruth Bien und Maria Boschner haben die erste Kunstausstellung im Reutberger Konvent bestritten

Von Claudia Koestler, Sachsenkam

Klar, Kunst braucht immer auch einen Rahmen. In diesem Falle aber war es vor allem zunächst der Rahmen, der die Aufmerksamkeit auf sich zog: Zum ersten Mal nämlich fand am vergangenen Wochenende eine Kunstausstellung im Kloster Reutberg statt. Die beiden Sachsenkamer Malerinnen Ruth Bien und Maria Boschner hatten gemeinsam die Idee entwickelt, mit einer Ausstellung den Sachsenkamer Verein der Freunde des Klosters Reutberg zu unterstützen, der sich seit Jahren um die Finanzierung der Renovierung der Klosterkirche und der Kunstschätze des Klosters bemüht. Und welche Räume wären dafür besser geeignet als das Kloster selbst?

Nach der Fürsprache des Vereinsvorsitzenden Gerald Ohlbaum willigten die Schwestern und Spiritual Monsignore Josef Beheim ein - "schließlich haben Kunst und Kirche eine lange, gemeinsame Tradition", wie Beheim am Freitag bei der bestens besuchten Vernissage sagte.

Seit Sommer dieses Jahres hatten Bien und Boschner daher speziell Werke in Acryl und Aquarell gefertigt, die nun am Wochenende unter dem Motto "Natur-Augen-Blicke" zu sehen waren. Inspiriert durch ein Buch, das Makroaufnahmen von Bäumen aus der ganzen Welt und insbesondere die Rinden von heimischen und exotischen Gehölzen zeigt, schufen die beiden Malerinnen in ihrer jeweils eigenen Bildsprache ausdrucksstarke, farbintensive Arbeiten.

Im Gang des Klosters, der zur Pforte gehört, wurden schließlich die abstrakten und informellen Bilder aufgehängt. "Eine recht aufwendige Geschichte", wie Ohlbaum rekapitulierte, denn für die richtige Beleuchtung der farbintensiven Werke musste extra eine provisorische Beleuchtung in dem Gewölbegang installiert werden. Doch die Mühen sollten sich gelohnt haben: Boschner spendet zehn Prozent der Verkaufserlöse ihrer Bilder an den Verein, Bien wiederum fertigte Karten mit Motiven ihrer Bilder, deren Erlöse ebenfalls der Kirchenrenovierung zugute kommen werden.

"Gegenständliche, formelle Malerei lenkt unsere Fantasie. Informelle Malerei setzt unserer Fantasie keine Grenzen", erklärte Bien ihre überwiegend als experimentelle Aquarelle und in Mischtechnik ausgeführten Werke. Das allerdings erfordere vom Betrachter ein Innehalten und sich Öffnen für Ungewohntes. 1977 hatte Bien mit "naiver Hinterglasmalerei" begonnen, wie sie selbst sagte. 2004 wagte sie den Schritt von der Hinterglasmalerei zum Aquarell. 2013 begann sie mit der Abstraktion der Aquarelltechnik in der Kunstakademie Bad Heilbrunn.

Maria Boschner hatte "nach einer Spurensuche" ihren Stil bei Kohle, Pinsel und Farbe gefunden und sich in der Kunstakademie Reichenhall, in Italien, in Meisterkursen sowie an der Kunstakademie Kolbermoor weitergebildet. "Meine Faszination für das Unbegreifliche, Unfassbare und nicht Vorstellbare haben mich bei vielen meiner Arbeiten inspiriert. Die Kraft und Energie, welche sich in Naturphänomenen zeigen, in Bildern sichtbar zu machen, ist meine Leidenschaft", erklärte sie. "Der Betrachter ist eingeladen, sich eigene Gedanken und Interpretationen zu machen." Auch deshalb verzichteten beide ganz bewusst auf Titel für ihre Bilder. In kräftig leuchtenden Farben fokussieren ihre Arbeiten, die nun im Kloster zu sehen sind, über die extreme Nähe zum Motiv auf neue Zusammenhänge. Die Vorlage mochte per Fotoapparat in die Strukturen des Mikro und Makro eindringen und verborgene Blickwinkel und Schönheiten, die in den einzigartigen Rundungen, Kanten und bizarren Formen der Baumrinden liegen, sichtbar machen. In der Adaption über den Pinsel erwachten sie als imaginäre Landschaften, als unterseeische Traumwelt oder als übernatürliche Visionen.

Statt formaler Begrenzung bekamen der pastose Auftrag und die Farbflächen ein Eigenleben: Aus den Detailstudien setzten die beiden Formen frei, subtil leuchtende und transparenten Farbflächen eröffneten dem Betrachter neue Bildwelten. Farbaufträge wirkten plötzlich wie Solfataren- oder Lavafelder, wurden Schlieren zu Gletscherlandschaften, Striche zu Rauchschwaden und Kleckse zu Kosmen. Kurzum: Durch das Herausheben des Kleinen förderten beide jeweils poetische Schönheit zutage. Und durch die Verwendung der gleichen Pigmente entstanden pro Bildvorlage trotz ihrer unterschiedlichen Ausführungen, Stile und Handschriften farblich korrespondierende Duette. Trotz der unerschütterlichen Beständigkeit eines Baums bekam sein Anblick bei Bien und Boschner vollkommene Freiheit. In diesem Sinne waren ihre Einblicke in die Natur tatsächlich ein Garten der Fantasie, von der kontemplativen Stille des Klostergangs wunderbar umrahmt.

© SZ vom 07.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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