Einzigartige Historie:Icking rettet Schulgeschichte vor dem Schredder

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Da packten die Schüler noch selbst mit an: Am Ickinger Ichoring wurden sie erst in einem Holzbau, später in der Bullrich-Villa unterrichtet. (Foto: Archiv Peter Schweiger/OH, Repro: Hartmut Pöstges)

Die Gemeinde übernimmt die Akten des Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums von seinen Anfängen 1922 bis 1967 in ihr Archiv

Von Claudia Koestler, Icking

Sie sind nicht nur nahezu vollständig, sondern auch noch ordentlich abgeheftet und verschnürt: Zeugnisse, Datenblätter, Gesundheitsatteste, Impfbögen, Beurteilungen und Rundschreiben. Dazu kommen Jahresberichte, Unterrichtsübersichten und alte Fotografien. Säuberlich gebündelt bilden sie die Schülerakten und Verwaltungsdokumente des heutigen Rainer-Maria-Rilke-Gymnasiums, und zwar von seinen Anfängen 1922 bis einschließlich 1967. Die insgesamt rund 240 Kilo schweren Akten übernimmt nun die Gemeinde für ihr Archiv, um sie vor der Vernichtung zu retten und die besondere Geschichte der Ickinger Schule zu bewahren.

"Die Vorstellung, dass das alles in den Schredder kommt, wäre einfach entsetzlich", sagte Vigdis Nipperdey (Ickinger Initiative) im Gemeinderat. Claudia Roederstein (UBI) ging noch weiter: "Es wäre historischer Frevel." Das Staatsarchiv München hatte nämlich abgewunken, nachdem die Schule den Platz benötigte: Das Ickinger Gymnasium gehöre nicht zu den ausgewählten Schulen, deren Unterlagen ins Staatsarchiv übernommen werden.

Doch für Gemeindearchivar Peter Schweiger (PWG) und Claudia Roederstein sind die Akten von hohem historischen Wert: "Die Geschichte dieser Schule ist eine Geschichte parallel zum Zeitgeschehen und sagenhaft spannend", sagte sie. Nachdem eine Elterninitiative 1921 unter der Leitung des Lehrers Alfred Vogel eine "private Mittelschule" gegründet hatten, wurden die Kinder auf dem heutigen Reitstallgelände unterrichtet. In den folgenden Jahren entstanden zuerst ein Holzbau, danach die sogenannte "Bullrich-Villa" als Schulgebäude. 1954 wurde das neue Gebäude an der Ulrichstraße eingeweiht.

"Wo gibt es eine Schule, die privat gegründet wurde und von der zudem durchgängig die Unterlagen vorhanden sind? Das ist ja fast ein Wunder", sagte Nipperdey. Zudem betonte sie, dass die Schule als Veranstaltungsort auch stets eine große Rolle als kultureller Mittelpunkt des Gemeindelebens gespielt habe: "Das sollten wir honorieren." Auch Schweiger erklärte, dass das Gymnasium ein "integraler Bestandteil der Kommune und der jüngeren Geschichte Ickings" sei, eben weil sie "aus der Mitte der Bürgerschaft heraus entstand". Mit der Archivierung der Akten könnte zudem gelingen, die inzwischen unter Trägerschaft des Landkreises stehende Schule "wieder näher an die Gemeinde zu binden", sagte er. Den engen persönlichen Bezug vieler Ickinger zu "ihrer" Schule unterstrich auch Alfred Vogel (Ickinger Initiative), Sohn des ersten Schulleiters, der wie Schweiger selbst dort unterrichtet wurde. "Die Schule nahm ihren Anfang in den Herzen und Seelen der Eltern", so Vogel. Sie wollten ihre Kinder unterrichten lassen; die Alternative wäre gewesen, mit der Dampflok nach München zu fahren. "Davor aber haben die Ärzte damals wegen möglicher Gesundheitsschäden gewarnt", schloss er.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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