"Eine der sichersten Regionen":Wachablösung bei der Tölzer Polizei

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Schichtwechsel: Bernhard Gigl wurde von Polizeipräsident Robert Kopp (links) in den Ruhestand verabschiedet. Nachfolger ist Florian Benedikt (rechts). (Foto: Manfred Neubauer)

Dienststellenleiter Bernhard Gigl wird mit einem Festakt in den Ruhestand verabschiedet, sein Nachfolger bis Jahresende ist Florian Benedikt

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Bernhard Gigl war noch ein junger Polizist, als er Schreckliches erlebte. Es war der 26. September 1980: Während des Oktoberfests in München saß er in einem Einsatzfahrzeug, als es nur gut 300 Meter entfernt ohrenbetäubend krachte. Zusammen mit seinen Kollegen sprang er aus dem Kombi und sah Bilder wie aus der Hölle. "Da steigst du aus, stolperst über abgerissene Gliedmaßen und watest durch Blut", erzählt Gigl. In einem solchen Moment sei man "blutleer im Gehirn".

Viele Jahre später sah er Schwarz-Weiß-Fotos von dem Wiesn-Attentat. Obwohl die furchtbaren Erlebnisse von damals in seinem Leben doch eine eher untergeordnet Rolle gespielt hatten, war alles wieder da: "Es waren komische Vorgänge im Körper, vom Schauer über den Rücken bis zu einem unbeschreiblichen Zustand." Als alter Polizist hatte es Bernhard Gigl weitaus einfacher. Seit 2011 leitete er die Polizeiinspektion in Bad Tölz, das von der Kriminalität her "schon noch eine Insel der Seligen" sei. In einem Festakt im Landratsamt wurde der Dienststellenchef am Donnerstag nun in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger ist zunächst Florian Benedikt.

Für Gigl war die Zeit als Chef der Tölzer Dienststelle "ein wirklicher Glückstreffer". Seine 41 Jahre und acht Monate dauernde Dienstzeit begann er nach der Ausbildung, in die auch das Attentat fiel, im Jahr 1981 als Streifenbeamter in Planegg. Danach besuchte er die Bayerische Beamtenfachhochschule für die Polizei in Fürstenfeldbruck, arbeitete in der Polizeidirektion München-Nord, wechselte in das Polizeipräsidium Oberbayern Süd und wurde stellvertretender Leiter der Autobahndirektion Südbayern in Holzkirchen, ehe er als Inspektionsleiter nach Bad Tölz kam.

In der Kurstadt und den umliegenden Orten erlebte er eine dermaßen niedrige Kriminalität, dass man - was die Häufigkeitszahl betrifft - "schon fast Höhlenforscherniveau" brauche, scherzte Gigl in seiner Abschiedsrede. Dies hob auch Robert Kopp hervor. "Bad Tölz ist eine der sichersten Regionen in ganz Deutschland", sagte der Leiter des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Im gesamten Landkreis sei die Zahl der Straftaten gesunken und liege mit 3337 pro 100 000 Einwohner weit unter dem bayerischen Durchschnitt. Dies sei zum überwiegenden Teil der Sicherheitsarbeit der ortsansässigen Polizei geschuldet.

Kaum Kriminalität, eine stabile Wirtschaft, eine grandiose Landschaft - diese Rahmenbedingungen für die Polizeiarbeit hob neben Kopp auch Landrat Josef Niedermaier (FW) hervor. Den scheidenden Dienststellenchef in Tölz bezeichnete er als einen "Polizisten mit Leidenschaft und Überzeugung", den vor allem Gemütsruhe auszeichne. Dies habe die Zusammenarbeit mit Bernhard Gigl leicht gemacht, sagte Niedermaier. "Ihn hat man nicht so leicht aus der Fassung gebracht." Allerdings sprach der Landrat auch ein Problem an: Dem Nachfolger wünschte er, "dass die Stellen, die da sind, auch besetzt werden". Das unterstrich Gigl: "Wir täten dringendst ein paar Leute mehr brauchen."

Laut Personalratsvorsitzendem Wolfgang Ligotzky gehen der bayerischen Polizei mehr als 7000 Stellen ab, vor allem in den Polizeiinspektionen. In einer launigen Rede dankte der Gewerkschafter dem anwesenden Landtagsabgeordneten Florian Streibl (FW) schon mal dafür, dass er diese Forderung erfüllen helfe. Florian Benedikt gab er mit auf den Weg, dass er eine alte Polizistenweisheit widerlegen könne. Die da laute: "Wer glaubt, dass der Leiter einer Polizeidienststelle eine Polizeidienststelle leitet, der glaubt auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen faltet."

Benedikt bleibt bis Jahresende in Tölz. Auf dem Weg vom gehobenen zum höheren Dienst durchläuft er ein Beamtenförderverfahren, das nach Stationen in Weilheim, Schongau, Rosenheim und Garmisch nun auch die Chefstelle in Tölz vorsieht. Er kündigte an, einen Schwerpunkt auf die Verkehrsüberwachung mit dem Handlasergerät und direktem Stopp der Autofahrer zu legen. Ansonsten dürfte er kaum so Furchtbares erleben wie Gigl seinerzeit auf der Wiesn. Bei der Präventionsarbeit müsse man hier zum Schutz vor Einbrechern ja noch darauf hinweisen, "dass es vielleicht besser wäre, die Tür zuzusperren", erzählte Gigl.

© SZ vom 02.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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