Ehrenamtlich für Patienten da sein:Zeit und Mitgefühl schenken

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Der Besuchsdienst Grüne Damen und Herren will sich im Tölzer Klinikum engagieren

Von Benjamin Emonts, Bad Tölz

Das Interesse und die Neugier sind groß am Mittwochabend in der Aula der Asklepios Stadtklinik Bad Tölz. Mehr als 35 Personen sehen aufmerksam einen Film, um danach den Schilderungen von Yvonne Leidenfrost zu folgen. Die bayerische Landesbeauftragte der "Grünen Damen und Herren" erzählt, wie gut es sich anfühle, den oft einsamen Alltag von Patienten in Krankenhäusern lebenswerter zu gestalten. Sie leistet Überzeugungsarbeit. Am Ende der Veranstaltung tragen die meisten der Zuhörer ihre Kontaktdaten in eine Liste ein. Sie zeigen somit ernsthaftes Interesse, schon bald selbst Patienten im Tölzer Klinikum zu unterstützen.

Im Landkreis Bad Tölz- Wolfratshausen sei dieses Engagement bislang einzigartig. Die Grünen Damen und Herren sind ein ehrenamtlicher Besuchsdienst für Krankenhäuser und Seniorenheime, der unter dem Dach der evangelischen Kranken- und Altenhilfe, kurz eKH, organisiert ist. Bislang unterstützen die grün gekleideten Ehrenamtlichen Patienten aus 423 Krankenhäusern und 172 Altenhilfeeinrichtungen in ganz Deutschland, darunter zwölf Einrichtungen in München. Unter dem Dach der Asklepios Stadtklinik in Tölz soll nun auch die erste Gruppe im hiesigen Landkreis ins Leben gerufen werden.

Die große Resonanz und die Zahl der Unterschriften am ersten Informationsabend stimmen alle Beteiligten überaus positiv, dass das Projekt gelingen könnte. Der stellvertretende ärztliche Direktor der Tölzer Klinik, Rüdiger Ilg, ist zuversichtlich, dass ein Team aus zehn bis 15 Personen zustande kommen könnte. Landesbeauftragte Leidenfrost, die in ganz Bayern unterwegs ist, um neue Ehrenamtliche zu gewinnen, sagt fast schon überschwänglich: "Ich habe noch nie auf Anhieb so viele Interessenten gesehen. Ich glaube, wir haben gute Chancen."

Aus dem Film wird den Interessenten schnell ersichtlich, welche Aufgaben die Grünen Damen und Herren erfüllen: Den überwiegend älteren Patienten, die keine Angehörigen oder Besucher haben, schenken sie ihre Zeit. Sie unterhalten sich mit den Menschen, hören ihnen zu und füllen Lücken, die das hauptamtliche Pflegepersonal nicht schließen kann, weil es schlicht zu wenig Zeit für zu viele Patienten hat. In den Krankenhausalltag sollen die Ehrenamtlichen ein Stück "zwischenmenschliche Normalität" bringen, betont Leidenfrost. Es gehe dabei besonders um die Kleinigkeiten des Alltags: "Das Erledigen kleiner Einkäufe, Gespräche, die Begleitung bei Spaziergängen."

Außerdem leisten die Ehrenamtlichen sogenannte Lotsendienste innerhalb der Kliniken. Nach der Aufnahme bringen sie Patienten auf ihre Zimmer. Bei Untersuchungen führen sie die Kranken durch das Gebäude und leisten Orientierungshilfe. Zwischen dem Pflegepersonal und den Patienten sollen sie zudem vermitteln, außerdem können sie, falls vorhanden, Angehörige unterstützen, die mit der Situation überfordert sind.

Die 74-jährige Bad Tölzerin Theresa Streit kennt solche Situationen. Sie hat in einer Münchner Klinik, in der ihr Sohn fünf Wochen stationiert war, die Hilfe der Ehrenamtlichen selbst in Anspruch genommen. Sie wusste sie sehr zu schätzen, weshalb sie sich nun auch engagieren will. "Man ist so dankbar, dass jemand da ist, den man ansprechen kann", sagt sie. "Ich habe wirklich mitbekommen, wie wertvoll diese Arbeit ist."

Als Interessentin würde sie zunächst einige Schnupperstunden absolvieren. Wer sich den Grünen Damen anschließt, verpflichtet sich, drei bis fünf Stunden pro Woche zu leisten, bei 32 Diensten pro Jahr. Gefragt sind Lebenserfahrung, Einfühlungsvermögen, psychische Belastbarkeit und Zuverlässigkeit. Die Klinik übernimmt die Fahrtkosten. Ansprechpartner ist Rüdiger Ilg unter Telefon 08041/5072002 oder per Email an r.ilg@asklepios.com.

© SZ vom 06.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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