Ausstellung in der Galerie Pratschke:Rabenschwarze Stimmungsaufheller

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Paul Flora und Ernesto in Egling: Zwei Künstler mit beeindruckendem handwerklichen Können und einem köstlichen Humor.

Von Felicitas Amler, Egling

Wer diese Tiere liebt, muss in die aktuelle Ausstellung der Deininger Galerie Pratschke gehen; und wer es noch nicht tut, wird sie hier lieben lernen: Raben sitzen, kauern, stehen, flattern, schnäbeln dort allenthalben herum, und es ist eine einzige Freude, ihnen dabei zuzusehen. Der Wiener Künstler Ernesto (bürgerlich: Ernst-Stefan Mayer) hat eine solche Kunstfertigkeit darin entwickelt, die klugen schwarzen Tiere mit feinem Witz und bildkräftigen Wortspielen darzustellen, dass man ihn geradezu als Antidepressivum empfehlen möchte.

Bei Carmen Pratschke ist Ernesto bereits zum sechsten Mal zu Gast. Auch Paul Flora (1922-2009) war ein Freund des Hauses, im Untergeschoss ihrer Deininger Galerie zeigt Pratschke eine Auswahl an Druckgrafik des großartigen Zeichners und Karikaturisten. Was die beiden Künstler in der Ausstellung "Rabengipfeltreffen" vereint, sind - neben dem Thema Raben - handwerkliche Virtuosität und ein köstlicher Humor.

Sieben Raben sitzen nebeneinander auf einem langen Rohrgestänge, das an einer Seite aufliegt, an der anderen einen Holzgriff hat - Titel: "Krächzkurbel". Auf einem Berg aus Buchstaben hockt ein Rabe und pickt sich ein "R" für das Wort "Raben" heraus - Titel: "Wortklauber". Vollmond über einer Dachlandschaft, ein Rabe fliegt beschwingt auf einem Besen vorbei - Titel: "Saturday Night".

Raben haben ein völlig falsches Image. Worte wie "Rabenmutter" oder "rabenschwarz" zeugen davon. (Foto: Felicitas Amler)

Ernesto, geboren 1944, ist Mitglied der Wiener Künstlergruppe "Fächer". Er versteht sich auf Radierung, Mischtechnik, Öl, Zeichnung, Metallarbeit und Keramik; bei Pratschke sind von ihm Farblithografien vor allem in Schwarz-Weiß-Rost und schwarzmetallene kleine Raben-Plastiken zu sehen. Für die Vorweihnachtszeit ist diese Ausstellung eine Fundgrube. Wer hier keine Lust bekommt, eines der überraschend erschwinglichen Werke zu kaufen, hat eine Chance verpasst (den revolutionären Raben "Che" etwa gibt es als Blatt für 80 Euro; gerahmte Arbeiten mit individuell vom Künstler geschnittenen, verwegenen Passepartouts sind für 170 Euro aufwärts zu haben).

Es muss aber auch nicht immer Rabe sein. Wie famos Paul Floras Strich war, führt die Lithografie "Drei Kugeln, Vogel und dünne Katze" vors Auge: Drei hingeworfene feine Linien, und schon ist das Tier zu erkennen, das vor einer Kugel zurückschreckend einen Buckel macht. Und eine gern als "groß" apostrophierte Person der Weltgeschichte schnurrt bei einem so grandiosen Karikaturisten auf ein menschliches Maß zusammen: Die Radierung "Napoleon" zeigt den Feldherrn als kleinen Schemen, während Dreiviertel des Blatts den sorgsam ausschraffierten Hügel darstellen. Über so einen Kriegsherrn kann man als Pazifist getrost lachen.

Paul Flora, der grandiose Karikaturist und Zeichner, hat einen zum bedeutungslosen Schemen verkleinerten Napoleon hinterlassen. (Foto: Felicitas Amler)

Floras im doppelten Wortsinn "spitze" Feder ist älteren "Zeit"-Lesern noch aus den 50er- bis 70er-Jahren vertraut, als die Wochenzeitung regelmäßig politische Karikaturen von ihm druckte. Alle anderen sollten sich seine skurrilen Figuren - den fliegenden Harlekin, die krähennasige Dame mit dem Vogelbauer über der Schulter ("Ein sonderbares Weib") oder "Das große Eulenmeeting" wenigstens bei Pratschke nicht entgehen lassen.

Galerie Carmen Pratschke: "Rabengipfeltreffen", Ernesto und Paul Flora, Münchner Straße 25, Egling-Deining, geöffnet Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils von 13 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung (Telefon 08170/99 88 90); zu sehen bis 19. Dezember

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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