Diskussion:Ickinger Sorgen

Lesezeit: 1 min

Angst vor Elitenbildung

Von Claudia Koestler, Icking

Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, das ist ein Grundprinzip der freien Marktwirtschaft. Doch wenn der sich bei einem Wert einpendelt, der viele Interessierte durch das Raster fallen lässt, werden die Rufe nach Regulierung lauter mit dem Verweis, dass es sich hierzulande um eine soziale, und nicht freie Marktwirtschaft handelt.

Solche Rufe hallen derzeit durch das Isartal. Seit Jahrhunderten ist die Gemeinde Icking beliebt bei Industriellen, Bildungsbürgern und Bohème. Durch sie entstanden stattliche Villen auf großen Grundstücken. Im Laufe der Zeit wurden diese zwar immer wieder parzelliert. Dennoch gibt es bislang nur vereinzelt Mehrfamilienhäuser und Mietwohnungen. Um den Charakter des Villenortes zu erhalten, gelten bis heute zudem Mindest-Grundstücksgrößen.

Derzeit kratzt die Gemeinde allerdings mit seinem Bodenrichtwert an der 1000-Euro-Marke, der Zuzug ist dennoch ungebrochen. Laut Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum wird Icking bis 2018 um 7,8 Prozent wachsen, 0,6 Prozent mehr als der Landkreis insgesamt. Grund für die Unabhängige Bürgerinitiative (UBI), für Mittwoch einzuladen, um ein Meinungsbild einzuholen: Soll oder muss Icking etwas für den sozialen Wohnungsbau tun, etwa mit einem "Ickinger Weg" nach Vorbild der Tölzer Baulandentwicklungsstrategie? 25 Interessierte diskutierten teils kontrovers. Angelika Ertl etwa befürchtete, die Dorfstruktur leide unter fortschreitender Elitenbildung: "Irgendwann hat die Feuerwehr keine Freiwilligen mehr und das Vereinsleben wird sterben". Denn beides werde überwiegend von Einheimischen und Handwerkern getragen - die aber inzwischen keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden.

Ein anderes Beispiel für den Bedarf nannte Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI). Die örtliche Kinderkrippe muss erweitert werden, was offene Stellen für Erzieherinnen bedeutet. Menrad räumt der Gemeinde bessere Chancen auf dem Stellenmarkt ein, wenn bezahlbare Wohnräume, insbesondere Mietwohnungen, zur Verfügung stünden. Icking selbst besitzt sechs Grundstücke: Rund 3200 Quadratmeter am Stocker Weiher, ebenso viel am Ichoring/Fuchsbichl, knapp 5600 Quadratmeter an der B 11 bei Dorfen, den dortigen Spielplatz mit etwa 1200 Quadratmetern und ein Areal an der Attenhauser Straße mit circa 4700 Quadratmetern. Auf dem größten Grundstück, rund 10 000 Quadratmetern am Schäftlarner Weg, scheiterten bislang jedoch Versuche, darauf ein Einheimischenmodell zu entwickeln. Wie es nun weitergeht mit Icking? "Das wird uns noch beschäftigen", kündigte Verena Reithmann an.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: