Mehr als zwei Jahre ist es her, seit der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner die Hindenburgplastik an der Klostermauer abgeschraubt hat. Passiert ist seitdem nichts. Immer noch liegt der Bronzekopf des umstrittenen Reichpräsidenten im Keller der Familie von Schilcher. Immer noch ist die Inschrift "Generalfeldmarschall Reichspräsident Paul von Hindenburg, Dietramszell 1922 - 1932" an der Klostermauer zu lesen.
Nach wie vor ist offen, ob die Plastik im neuen Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg einen Platz findet. Und nach wie vor gibt es in der Gemeinde zwar einen Arbeitskreis aus Historikern, Archivaren und Gemeinderäten - Ergebnisse wurden allerdings bisher nicht vorgelegt. Auch Ideen, den Hindenburgkopf in einem zu Ausstellungs- und Veranstaltungsräumen umgebauten Rathauskeller zu zeigen, sind wohl vorerst vom Tisch: Kürzlich hat es der Gemeinderat abgelehnt, Planungen für eine großräumige Neugestaltung des Rathausareals in Auftrag zu geben, die für eine Förderung im Rahmen des Dorferneuerungsprojekts nötig gewesen wären.
Monatelang gab es wegen des bronzenen Kopf Hindenburgs an der Klostermauer Streit und Unfrieden in der Gemeinde. Büste weg und wenn ja, wohin? Infotafel an der Klostermauer oder gleich ab mit derPlastik ins Museum? Arbeitskreise wurden gegründet, und Bürgermeisterin Leni Gröbmaier (BLD) hatte stets betont, sie wolle sich bei dieser Entscheidung nicht drängen lassen.
Am 1. Juli 2014 schuf der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner Fakten: Er schraubte den Hindenburgkopf ab und legte ihn auf dem Grundstück der Familie Schilcher ab, die Hindenburg zehn Jahre als Urlaubsgast beherbergt hatte. Die Wogen schlugen hoch nach der Kastner-Aktion; Das sei Vandalismus und eine unerwünschte Einmischung, wurde vielfach geschimpft. Auf Angebote zur Diskussion, die Kastner stets wiederholte, ging man in der Gemeinde nicht ein. Einen unrühmlichen Höhepunkt fand die Auseinandersetzung in einer "Faschingsgaudi" im Februar 2015: Eine bei der Bettelhochzeit in Schönegg aufgestellte Galgenpuppe, die unverkennbar Kastner darstellte, und eine darauf folgende Strafanzeige des Aktionskünstlers wegen Bedrohung.
Weil ein Schuldiger nicht ermittelt werden konnte, wurde das Verfahren eingestellt. Ein im Frühjahr vorigen Jahres gegründeter Arbeitskreis aus Historikern, Archivaren und Gemeinderäten, der sich auch um eine Lösung für die Inschrift an der Klostermauer bemühen und eine Vortragsreihe zu Hindenburg und anderen historischen Themen konzipieren sollte, habe sich zwar im vergangenen Jahr dreimal getroffen. Allerdings noch ohne "greifbare Ergebnisse", wie Gröbmaier auf Nachfrage sagt. Das Thema sei nicht im Sand versickert, aber Historiker dächten womöglich in anderen zeitlichen Kategorien.
Auch vom Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, das prüfen will, ob der Hindenburgkopf in das neue Museum in Regensburg verlegt werden könnte, gebe es noch keine Rückmeldung. Wie Pressesprecherin Natascha Zödi-Schmidt erklärt, sei noch keine Entscheidung gefallen. Man befinde sich bei den Planungen derzeit in der "heißen Phase". Ob die Bronzeplastik ins Konzept des neuen Museums der Bayerischen Geschichte passt, das im Mai 2018 in Regensburg eröffnen soll, werde sich voraussichtlich Anfang kommenden Jahres entscheiden.
Die Stadt Bad Tölz ist im Umgang mit ihrem historischen Erbe deutlich entschlossener vorgegangen: Im Juni 2013 entschied der Stadtrat, die Hindenburgstraße nicht umzubenennen, sondern sie als "begehbares Mahnmal" zu gestalten. Am 24. April vorigen Jahres wurde der "Hindenburg-Informationsweg" eröffnet: Auf neun Stelen sind Bilder und Texte mit einer historischen Einordnung des umstrittenen Reichpräsidenten aufgestellt, die ein siebenköpfiger Arbeitskreis aus Fachleuten erarbeitet hat.