Dietramszell:Sinnvoll und beruhigend

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Der Einsatz eines Asylkoordinators war in Dietramszell erst umstritten - jetzt liegt eine durchweg positive Bilanz vor

Von Petra Schneider, Dietramszell

Seit zwei Monaten ist Thomas Ismer-Klusmann als Koordinator für die ehrenamtlichen Asylhelfer in Dietramszell zuständig. Dass man für diese Aufgabe einen von der Gemeinde bezahlten Minijob einrichtet, war nicht unumstritten: Der Finanzausschuss lehnte die Stelle in einer Pattabstimmung zunächst ab, der Gemeinderat bewilligte sie schließlich. Am Dienstag stellte Ismer-Klusmann die aktuelle Situation und seine Aufgaben nun im Gemeinderat vor.

In den vergangenen dreieinhalb Jahren seien dem Helferkreis über 60 Flüchtlinge zugewiesen worden, derzeit leben 23 in der Gemeinde, ausschließlich Familien. 18 Personen sind inzwischen anerkannt, fünf befinden sich noch im Asylverfahren. Im vergangenen Jahr war man in Dietramszell noch von einer deutlich höheren Zahl von über 200 Flüchtlingen ausgegangen. "So wie die Situation jetzt ist, gibt es gute Chancen, dass wir die, die bleiben dürfen, integriert bekommen", sagte Ismer-Klusmann. Dafür gibt es bereits positive Beispiele: Denn von den sechs Familien, drei aus Syrien und drei aus Afghanistan, stünden zwei inzwischen auf eigenen Beinen. Weil die Väter Arbeit in der Klosterschänke gefunden hätten, seien sie nicht mehr auf staatliche Hilfen angewiesen.

Wegen der gesunkenen Flüchtlingszahlen habe sich auch die Unterbringungssituation entspannt: In den vom Landratsamt angemieteten Räumen am Kreuzbichlweg und in der Riederstraße stünden Wohnungen sogar leer. Weil Flüchtlinge aber neuerdings in zentralen Unterkünften untergebracht werden sollen, sei fraglich, ob das Landratsamt die Wohnungen neu belege. Im ehemaligen Gasthof Beham in Einöd leben vier anerkannte Flüchtlinge aus Eritrea, die dort Appartements selbst angemietet hätten.

Vor gut einem Jahr ist Ismer-Klusmann, der mit seiner Familie in Schönegg wohnt, dem Asyl-Helferkreis unter dem Dach des Vereins "Miteinander-Füreinander" beigetreten. Der 59-Jährige hat bei Siemens in München gearbeitet und befindet sich in Altersteilzeit, weil dort massiv Stellen abgebaut wurden. In seinem Berufsleben habe er "immer viel mit Leuten aus dem Ausland zu tun gehabt", sagte er, außerdem wolle er seine Zeit sinnvoll verbringen. Als Asyl-Koordinator leiste er 40 bis 50 Stunden Arbeit pro Monat.

Am Anfang sei die Verständigung mit den Flüchtlingen noch eher chaotisch gewesen. "Viele konnten nur arabisch und kaum englisch." Ein syrischer Arzt aus Wolfratshausen sei als Dolmetscher eingesprungen. Inzwischen gebe es in jeder Familie mindestens einen, der einen sechsmonatigen Deutschkurs gemacht habe - "mit der Verständigung klappt es jetzt besser".

Als Schwerpunkte seiner Aufgaben nannte Ismer-Klusmann den Aufbau, Ausbau und die Koordination der gut 20 aktiven, ehrenamtlichen Helfer: Etwa die Organisation von Deutschkursen, Familienpatenschaften und Fahrdiensten sowie das Betreiben des Materialdepots, in dem es Fahrräder, Kinderwagen oder Kleidung gibt. Er selbst unterstützt die Flüchtlinge bei behördlichen Angelegenheiten: Begleitet sie zu Ämtern, hilft beim Ausfüllen von Formularen und bei Schul- und Kindergartenanmeldungen. Viel Zeit investiert er in die Suche nach Wohnungen und Arbeitsplatz für anerkannte Flüchtlinge und fungiert als Ansprechpartner für Behörden, Vermieter, Arbeitgeber und Schule. Sein Ziel sei es, "dass alle Familien unabhängig von staatlicher Förderung leben können", sagte der Koordinator. Integration werde nicht gelingen, "wenn die Leute keinen Job bekommen". Das sei nicht nur in finanzieller Hinsicht wichtig, sondern auch um soziale Kontakte mit Einheimischen zu knüpfen. Die Arbeitsagentur sei momentan sehr großzügig bei Firmen, die Flüchtlinge beschäftigten. Sein Appell an die Gemeinderäte: "Wenn Sie ein Unternehmen haben, stellen Sie die Leute ein." Der Bericht des Asylkoordinators wurde im Gemeinderat positiv aufgenommen. "Ich halte es für richtig, dass wir die Stelle geschaffen haben", sagte etwa Christa Poschenrieder (BLD): "Mich beruhigt das, dass Sie das machen".

© SZ vom 28.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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