Dietramszell:Eier, Milchsee, Klimawandel

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Erst Hofführung, dann Dialog und Brotzeit. Minister Christian Schmidt (4.v.l.) im Gespräch mit Dietramszells Bürgermeisterin Leni Gröbmair. Rechts vorne: Alexander Radwan. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Beim Besuch von Landwirtschaftsminister Schmidt werden viele Themen angesprochen. Trotz Krisen hält sich das Interesse der Bauern in Grenzen

Von Petra Schneider, Dietramszell

Bei der Führung über seinen Bertenbauer Hof verriet Geflügelhalter Michael Häsch ein ungewöhnliches Mittel, das er neuerdings bei seinen Hühnern einsetze: Bier, pro tausend Hühner eine Mass. "Da werden die Tiere ruhiger, das hat der Tierarzt betätigt", sagte er. Häsch, der auch CSU-Ortsvorsitzender und Zweiter Bürgermeister von Dietramszell ist, hatte im Rahmen der Veranstaltungsreihe "CSU im Dialog" prominente Gäste auf seinem Hof: Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und Bundestagsabgeordneter Alexander Radwan waren zum "landwirtschaftlichen Fachgespräch" gekommen. Das Interesse der Bauern war überschaubar - nur etwa 30 Gäste waren gekommen, die sich die hausgemachte Brotzeit schmecken ließen. "Das ist ein echter Familienbetrieb wie er im Buche steht", lobte Schmidt nach dem Rundgang durch Hühnerställe und Hofladen. Im Jahr 1995 begann Häsch mit der Direktvermarktung seiner Eier. "Seit wir aus allen Verträgen ausgestiegen sind und komplett auf Subventionen verzichten, läuft der Betrieb ganz gut", sagte er.

Über den Fipronil-Skandal äußerte er sich nur knapp: Dieser habe die Geflügelhalter in den "letzten Wochen beschäftigt". Das in der EU verbotene Insektizid wurde in Hühnerställen in Belgien, Holland und in einigen Fällen auch in Niedersachsen eingesetzt. Belastete Eier wurden in mindestens 16 EU-Staaten geliefert.

"Der Einsatz von Fipronil ist strafrechtlich zu verfolgen", sagte Minister Schmidt. Gut sei gewesen, dass nie eine ernsthafte gesundheitliche Gefährdung bestanden habe. Schlecht, dass das Schnellwarnsystem der EU nicht funktioniert habe. Denn bereits im Februar sei die Verwendung in Belgien bekannt geworden. Die erste Meldung habe es aber erst im Juli gegeben. Weil internationale Verflechtungen zunähmen, müsse das Frühwarnsystem dringend verbessert werden.

Sorgen macht dem Minister die afrikanische Schweinepest, die in Tschechien aufgetreten sei und über Wildschweine übertragen werde. "Die Tschechen verhalten sich vorbildlich", lobte der Minister. Mit Elektrozäunen habe eine weitere Übertragung bisher vermieden werden können. Ausführlich, aber wenig konkret äußerte sich Schmidt zur Milchkrise. "Wir sind durch ein tiefes Tal gegangen", sagte er, momentan sei der Milchpreis etwas besser. Eine Rückkehr zur Quote werde es nicht geben. Überschüsse in Milchpulver umzuwandeln, sei für viele das Mittel der Wahl. "Aber wir müssen aufpassen, dass es nicht wieder Unruhe auf den Markt bringt." Die Strukturen müssten sich ändern, es brauche ein "vernünftiges Management in der Wertschöpfungskette". Denn 600 Millionen Euro für die Bauern zu rekurrieren, wie bei der jüngsten Krise, sei nicht so einfach. Bei bayerischen Molkereien sei die Wertschöpfung besser als in Norddeutschland, sagte Schmidt. Bayerische Programme - Bio, Regional oder Direktvermarktung - "das ist der richtige Weg." Dazu meldete sich Hans Falter, Kreisvorsitzender des Bunds Deutscher Milchviehhalter (BDM), zu Wort. "Sie haben sehr viel Geld für die Bauern locker gemacht" sagte er. "Aber es kann nicht sein, dass Milch auf Halde produziert wird." Aus Sicht des BDM sei eine befristete Begrenzung der europäischen Milchmenge das beste Kriseninstrument. Die angehäuften EU-Milchpulverbestände, derzeit 400 000 Tonnen, in Drittländer zu exportieren, halte er für nicht richtig. Denn damit werde die Kleinstlandwirtschaft in den Entwicklungsländern zerstört, die nicht mit den billigeren EU-Preisen konkurrieren könnten.

Schmidt sprach sich gegen ein übergangsloses Verbot der Anbindehaltung von Rindern aus, die in Bayern noch weit verbreitet sei. Übergangsprogramme seien nötig, sonst müssten viele kleine Betriebe aufgeben, die sich keine Laufställe leisten könnten. Tierwohl und "ökonomische Darstellbarkeit" stünden sich oft gegenüber. Deutlich sprach sich Schmidt gegen die überbordende Bürokratie aus. "Mit den Reglementierungen haben wir eine Grenze überschritten".

Europäische Politik müsse einfacher werden. Ähnlich hatte sich zuvor Radwan geäußert, der wieder für den Bundestag kandidiert: Richtlinien müssten differenziert angewendet und Spielräume der EU-Vorgaben genutzt werden.

Johann Killer, Vorsitzender der Waldbauernvereinigung, forderte staatliche Unterstützung für Waldbauern, die mit den Folgen des Klimawandels- heftigen Stürmen oder vermehrtem Käferbefall- zu kämpfen hätten. "Der Klimawandel ist im Oberland angekommen", sagt Killer. "Ich sehe den Staat in der Verantwortung, Schäden mitzutragen, die von der Weltgesellschaft verursacht werden."

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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