Die Grünen:Rüge statt Rausschmiss

Lesezeit: 2 min

Stimmen zum Verfahren gegen Paul Wildenauer. Andreas Morr möchte neuer Sprecher werden und für Ruhe sorgen

Felicitas Amler

Andreas Morr soll Nachfolger von Hubert Prömmer als Sprecher des Grünen-Kreisverbands Bad Tölz-Wolfratshausen werden. Prömmer tritt bei der für März angekündigten Neuwahl nicht mehr an. Nach vier Jahren an der Spitze brauche er eine Art Auszeit, sagte er der SZ am Freitag. Der 28 Jahre alte Politikstudent und Bad Heilbrunner Gemeinderat Morr ist Landtagskandidat der Grünen. Dafür hatten ihm die Mitglieder im vergangenen Oktober mit elf zu zwei Stimmen den Vorzug vor Paul Wildenauer gegeben, der sich ebenfalls um die Kandidatur beworben hatte.

Gegen Wildenauer hat der Kreisverband beim Landesverband der Grünen ein Parteiausschlussverfahren beantragt, über das die Landesschiedskommission entscheidet. Die zig-fach mit Presseartikeln und E-Mails belegten Vorwürfe kreisen um Vertrauens- und Loyalitätsprobleme. Morr sagte dazu am Freitag, falls er Kreissprecher werde, sei es sein vorrangiges Ziel, "dass wieder zusammengearbeitet wird und Ruhe einkehrt". Persönlich komme er mit Wildenauer gut aus, und inhaltliche Reibereien gehörten seiner Ansicht nach zur Politik.

Ganz ähnlich äußert sich der Geretsrieder Harald Schmalfuss, Schriftführer im Kreisvorstand der Grünen. In einer seiner unzähligen E-Mails hatte Wildenauer vor wenigen Tagen den vollständigen Wechsel des Vorstands gefordert - mit einer expliziten Ausnahme: Harald Schmalfuss. Der sagt dazu, er habe tatsächlich mit Wildenauer bisher nie Probleme gehabt, und er schätze dessen politische Ideen. Allerdings habe Wildenauer offenkundig "schubweise Probleme". Dann stehe er sich massiv selbst im Weg und schreibe mit breitem Verteiler Dinge, die "sehr persönlich unterirdisch" seien, "vom Niveau her untere Kante". Er habe ihm dies auch schon privat vorgehalten, sagt Schmalfuss, aber ohne anhaltenden Erfolg.

Zum Parteiausschlussverfahren gegen Wildenauer bekennt sich der Kreis-Schriftführer und betont, er glaube nicht, dass es tatsächlich zu einem Rausschmiss kommen werde. Er hoffe vielmehr, dass das Landesschiedsgericht Wildenauer eine Rüge erteilt. Glücklich sei er nicht, dass das alles jetzt so laufe.

Wörtlich fast gleichlautend sagt der noch amtierende Grünen-Sprecher Prömmer: "Glücklich bin ich mit dem Ganzen nicht." Allerdings finde er, dass Wildenauer die Situation mit den Angriffen auf andere provoziert habe. Prömmer denkt ebenfalls an eine Rüge. Eine "elegante Variante" fände er es, wenn das Schiedsgericht Wildenauer für zwei Jahre von jeglicher Kandidatur ausschließen würde. Denn dann wären die Grünen ohne ihn über die Kommunalwahl hinweg.

Bis zur Kommunalwahl haben die Grünen im Landkreis aber noch andere Sorgen. Denn seit der Vorstandswahl vor zwei Jahren erfüllen sie die grüne Quotierung nicht: Statt einer Doppelspitze aus einem Mann und einer Frau haben sie nur einen Sprecher. Momentan sieht es noch nicht so aus, als werde sich das bei der Neuwahl ändern. Das sei "wirklich ein Problem", räumt Prömmer ein. Es sei schwierig, eine Frau zu finden, er hoffe, Caroline Ulbrich-Luderschmid - die derzeit gemeinsam mit Harald Schmalfuss die Schriftführung hat - für eine Kandidatur zu gewinnen.

Ulbrich-Luderschmid ist Sprecherin der Grünen im Ortsverband Dietramszell. Als sie im September 2011 in dieses Amt gewählt wurde, hieß der Wahlleiter Paul Wildenauer.

© SZ vom 26.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: