Der tiefe Griff in die Tasche:Steile Kurve nach oben

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Wer derzeit in Bad Tölz oder Icking ein Heim erwirbt, muss besonders tief in die Tasche greifen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die neu vorgelegten Bodenrichtwerte belegen, dass Grundstücks- und Wohnungspreise im Landkreis weiter gestiegen sind. Makler allerdings sehen eine erste "leichte Delle" auf dem Markt

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Preise für Grundstücke, Häuser und Eigentumswohnungen sind seit 2011 im Landkreis extrem gestiegen. Das zeigt die neue Ermittlung der Bodenrichtwerte, die der Gutachterausschuss des Landkreises herausgegeben hat. Zwei Beispiele: Vor vier Jahren kostete eine Eigentumswohnung in Geretsried durchschnittlich etwa 3000 Euro pro Quadratmeter, inzwischen sind es fast 3500 Euro. Für eine neue Doppelhaushälfte waren im Landkreis gut 450 000 Euro fällig, derzeit sind es knapp 600 000 Euro. In Bad Tölz und Wolfratshausen werde noch mehr gezahlt, sagte Peter Schneider, Immobilienmakler und Mitglied des Ausschusses. Solche Preise habe es vor fünf bis acht Jahren nur für Doppelhaushälften in exklusiven Lagen in Icking gegeben - wo mittlerweile "unter 800 000 Euro nichts mehr geht".

Alle zwei Jahre ermittelt der Gutachterausschuss die aktuellen Bodenwerte für Wohnungsbau und Gewerbeflächen sowie für land- und forstwirtschaftliche Areale. Zudem sammelt er die Kaufpreise, die auf dem Immobilienmarkt gezahlt werden. Dem unabhängigen Gremium gehören Sachverständige der Verwaltung und externe Fachleute an, die auf dem Grundstücksmarkt tätig sind. In den vergangenen zwei Jahren flossen etwa 26,5 Millionen Euro an Grunderwerbsteuer im Landkreis in die öffentlichen Kassen. Der Kreis erhalte davon 21 Prozent, die Kommunen acht Prozent, sagte Andreas Kaiser, Leiter der Geschäftsstelle im Landratsamt.

Umfasste die Liste mit den Bodenrichtwerten früher kaum mehr als einige Seiten, hat sich daraus inzwischen ein 180 Seiten starkes Kompendium entwickelt. Das hängt vor allem damit zusammen, dass das Baugesetzbuch seit 2009 vorschreibt, die Richtwerte flächendeckend und in Zonen, je nach Art der Nutzung, zu ermitteln. Das Gutachten hat damit an Tiefenschärfe gewonnen. Schließlich schwanken die Grundstückspreise in Städten und Gemeinden stark - je nachdem, ob das Areal an einer viel befahrenen Straße oder neben einem Gewerbebetrieb liegt, oder ob es sich in einer exklusiv-ruhigen Lage befindet. In Bad Tölz reicht die Spanne beispielsweise von 180 Euro pro Quadratmeter bis zu 900 Euro in der Marktstraße. Die Gutachter errechnen hier deshalb auch keinen Durchschnittswert für eine Kommune. Allerdings verdeutlicht ihr Werk den Anstieg der Bodenpreise in Prozenten: In Bad Tölz gab es von 2012 bis 2014 ein Plus von 21 Prozent, ebenso in Münsing und in der Jachenau. Spitzenreiter ist Icking mit einer Verteuerung um 26 Prozent, am Ende der Liste befindet sich Schlehdorf mit acht Prozent. In Wolfratshausen und Geretsried beträgt der Anstieg jeweils 15 Prozent. Dabei würden die Filet-Grundstücke in den Kommunen außen vor gelassen, "wir bilden die Masse der Verkäufe ab", sagte Kaiser.

Eine Besonderheit auf dem Immobilienmarkt ist Schneider zufolge, dass die Zahl der Verkäufe von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie von Wohnungseigentum seit 2012 stagniert und sogar leicht rückläufig ist, die Umsätze jedoch weiter gestiegen sind - von 351,7 Millionen auf 403,7 Millionen Euro. "Das heißt, es wird weniger verkauft, aber teurer", sagte Schneider. Für ihn ist dies ein Indiz dafür, dass die Nachfrage nach Immobilien ungebrochen ist, die wegen des günstigen Zinsniveaus eine attraktive Alternative zu anderen Kapitalanlagen seien. Allerdings: "Das Angebot ist knapp und wird immer knapper." Mit Blick auf die vorläufigen Zahlen für das erste Quartal 2015 bemerkt Schneider "eine leichte Delle" auf dem Markt. "Ich möchte nicht sagen, dass die Preise weiter groß ansteigen werden, es wird nicht mehr so weitergehen, wie es in den letzten vier, fünf Jahren gegangen ist." Schließlich stelle sich die Frage, wer dann die Mieten noch bezahlen könne. Schon jetzt müssten sich Vermieter, die ihre Immobilie als Kapitalanlage erworben haben, mit Renditen zwischen drei und 3,5 Prozent begnügen.

Für Landrat Josef Niedermaier (FW) ist die Richtwertliste ein trockenes Verwaltungsthema, das niemanden bewege - bis sie vorliegt. "Wenn dann etwas darin nicht gibt oder nicht stimmt, interessiert es jeden." Für Haus- und Grundbesitzer, für Erben oder in Scheidungsfällen sei es "wichtig, dass man weiß, was ist der Grund und Boden wirklich wert". In München könne dies exorbitant viel sein. Von einer Dienstreise berichtete Niedermaier, dass für ein 800 Quadratmeter großes Grundstück im nördlichen Schwabing 4,2 Millionen Euro verlangt wurden - alleine für den Boden. "Ein Wahnsinn."

© SZ vom 04.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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