Der Taucher im Herbstlaub:Eine echte Täuschung

Lesezeit: 1 min

Jonas Nefzger. (Foto: oh)

Der weltgereiste Münsinger Fotograf Jonas Nefzger will Betrachter in Staunen versetzen

Von Benjamin Engel, Münsing

Der Taucher auf dem Foto wirkt schwerelos. Es sieht so aus, als ob er flach direkt unter einer mit Herbstlaub bedeckten Wasseroberfläche liege. Von dieser Wahrnehmung ist Fotograf Jonas Nefzger, dessen Aufnahme derzeit im Münsinger "Freiraum" hängt, selbst überrascht. Durch die wirbelnden Blätter wollte er das Gefühl von Schwerelosigkeit erzeugen. Doch die Aufnahme entstand gar nicht im Wasser, sondern im Schwabbrucker Wald bei Münsing. Dafür steckte Nefzger seinen WG-Mitbewohner in einen Neoprenanzug mit Schnorchel und Taucherbrille. Dann ließ er ihn im Stehen Herbstlaub in die Luft werfen. Doch mit seinem Foto habe er sein Ziel erreicht, sagt Nefzger: den Betrachter zum Sich-Wundern und Nachdenken zu veranlassen.

Der 29-Jährige, der seit zwei Jahren in Münsing lebt, will das Ehrliche, Unverfälschte und Natürliche in seinen Bildern einfangen. Er wolle "echte Menschen" zeigen, keine glorifizierten, am Computer nachbearbeiteten "Puppen", sagt er. Um Landschaften und Menschen bildlich einzufangen, reist er für Reportagen häufig durch den Alpenraum. Er hat Jäger bei ihrer Arbeit porträtiert, war in Käsereien oder in der Oberammergauer Schnitzschule. Hinter die Kulissen zu sehen, unangepasste Charaktere kennenzulernen, die ihre Leidenschaft gefunden haben, sei für ihn interessant, sagt er. Nefzger war erst im November 2014 einen Monat in Indonesien. Dort fotografierte er Bootsbauer, Surflehrer oder Reisbauern in ihrem Alltag. Weil er selbst gerne in der Natur sportlich aktiv ist, hat er auch viele Sportler in dynamischen Aufnahmen eingefangen.

Nefzger ist in Geretsried geboren und aufgewachsen. Bereits als kleines Kind fing er an zu fotografieren. Nach dem Fachabitur wollte er Fotodesign an der Hochschule München studieren, wurde jedoch nicht angenommen. Daraufhin reiste er ein Jahr lang durch Neuseeland und Asien, die Kamera im Gepäck. Wieder zurück arbeitete er als Studioassistent eines Fotografen, der vielfach Autos für Werbekampagnen aufnahm. Doch durch die exzessive digitale Nachbearbeitung habe er die Lust am Fotografieren verloren, sagt Nefzger. Deshalb fing er 2009 an, Kartografie und Medientechnik zu studieren. Während des Studiums reiste er viel und begann bald wieder zu fotografieren. Heute, sagt Nefzger, sei sein Reisefieber bis zu einem gewissen Grad gestillt. Jetzt wisse er die nähere Umgebung auf dem Land viel mehr zu schätzen.

© SZ vom 25.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: